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Bayerische Wirtschaft: Afrika als Wirtschaftspartner nicht unterschätzen
„Seit Jahrzehnten verheißt Afrika Wachstum und Entwicklung, die Realität ist allerdings deutlich komplizierter“, sagt der Nürnberger IHK-Präsident Dirk von Vopelius, der für die bayerischen IHKs an der Delegationsreise teilnimmt.
Aktuell gehen 1,3 Prozent aller Exporte aus dem Freistaat nach Afrika – das entspricht den bayerischen Warenausfuhren in die Slowakei. Äthiopien belegte 2018 mit weißblauen
Warenimporten von 43 Millionen Euro bloß Rang 87 der bayerischen Exportmärkte.
Südafrika, Ägypten und Marokko Top-Drei der bayerischen Handelspartner
Die drei afrikanischen Spitzenreiter Südafrika (Platz 32), Ägypten (50) und Marokko (54) kauften im Vorjahr Waren für 1,6 Milliarden Euro aus Bayern. Weltweit exportierte Bayern Waren im Wert von 191 Milliarden Euro. Doch Afrikas Gewicht in der Weltwirtschaft wird zwangsläufig stark zulegen, so eine heute vorgelegte Studie des ifo-Instituts im Auftrag des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK). „Die traditionellen bayerischen Absatzmärkte in Europa werden in den kommenden Jahren und Jahrzehnten schrumpfen, während Afrika wächst“, heißt es dort. So steige die Zahl der Arbeitskräfte in Afrika von aktuell 400 Millionen bis 2050 auf eine Milliarde. Weltweit würde dann jede vierte Erwerbsperson auf dem Kontinent leben.
Gleichzeitig entwickle sich die Wirtschaft vieler afrikanischer Staaten positiver als in der Öffentlichkeit wahrgenommen, mit Wachstumsraten deutlich über dem Durchschnitt der
Industrieländer in Europa oder Amerika. Der Kontinent werde als Absatzmarkt und Produktionsstandort immer bedeutender. „Die Frage ist weniger, ob ein Engagement in Afrika für bayerische Unternehmen wichtig ist, sondern eher wann und wo“, so die Experten. Die Hindernisse für Geschäfte in Afrika sind aber nach wie vor groß: Genannt werden unzureichende Infrastruktur und politisch-institutionelle Risiken, darunter fehlende Doppelbesteuerungsabkommen.
Bildungswesen immer noch verbesserungswürdig
Außerdem kritisiert das ifo-Institut Mängel im Bildungswesen, das in vielen Ländern Afrikas keine ausreichenden Voraussetzungen für eine betriebliche Fachkräfteausbildung schaffe. Der BIHK empfiehlt der bayerischen Politik, afrikanische Initiativen zur wirtschaftlichen und regionalen Integration zu unterstützen. Dazu gehören die Afrikanische Union, das kurz vor der Ratifizierung stehende Afrikanische Freihandelsabkommen (AfCFTA) sowie der grenzüberschreitende Infrastrukturausbau. Wegfallende Zölle und niedrigere Transportkosten würden Handelsbeziehungen und Investitionen befördern.
Mit der Eröffnung einer bayerischen Repräsentanz in Addis Abeba, am Sitz der Afrikanischen
Union, setzt der Freistaat nach BIHK-Ansicht ein starkes Zeichen. „Bayern hat einen reichen Wissensschatz aus seiner Modernisierung vom Agrar- zum Industrieland. Auch unsere Erfahrungen mit dem europäischen Binnenmarkt und der EU sollten wir freigiebig mit unseren afrikanischen Partnern teilen“, sagt von Vopelius.
„Für bayerische Unternehmen ist es dazu ein großer Wettbewerbsvorteil, dass sie im
bayerischen Afrikabüro kompetente Ansprechpartner vor Ort haben. Das ist ein wichtiger
Schlüssel für unseren Marktzugang und zukünftige Exporterfolge. Die IHKs setzen dabei
auf das bereits an vielen anderen Orten der Welt bewährte Zusammenspiel mit den Auslandshandelskammern“, so der Präsident der IHK Nürnberg für Mittelfranken.
Programme besser aufeinander abstimmen
Der BIHK fordert, dass bestehende Hilfeprogramme für Afrika besser aufeinander abgestimmt werden, insbesondere beim Thema Fachkräfteentwicklung. „Hier kann die bayerische Wirtschaft unser bewährtes System der dualen betrieblichen Ausbildung in die Waagschale legen. Wir brauchen aber keine weiteren Pilotprojekte, sondern sollten bayerische Unternehmen grundsätzlich bei ihren Ausbildungsbemühungen in Afrika unterstützen und den afrikanischen Partnern langfristig dabei helfen, Teile unseres Modells in ihre Bildungssysteme einzupassen“, sagt von Vopelius. Zum Ankurbeln der Wirtschaftsbeziehungen mit Afrika wünscht sich die bayerische Wirtschaft außerdem mehr Hilfen zur Absicherung und Finanzierung von Exportgeschäften. Ohne staatlich geförderte Instrumente sei das Afrika-Geschäft für viele Mittelständler mangels wirtschaftlich tragbarer Alternativen zur Risikoabsicherung kaum realisierbar. Die ifo-Studie „Wachstumsmärkte in Afrika für die bayerische Wirtschaft – Politische Handlungsfelder“ ist online hier erhältlich.
Gabriele Vetter