Bei den Wirtschaftsreformen ist Indien hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Auch die Hoffnungen der Unternehmen auf Steuerentlastungen wurden, abgesehen von Neuerungen für KMU, nicht erfüllt.
Der Bundeshaushalt für das Finanzjahr 2018/19 (1. April bis 31. März), den die indische Regierung am 1. Februar 2018 vorstellte, war mit besonderem Interesse erwartet worden. Schließlich handelt es sich um den letzten, den die Regierung von Premierminister Narendra Modi vor den Wahlen im Frühsommer 2019 präsentiert.
Finanzminister Arun Jaitley stand vor der Aufgabe, das Wirtschaftswachstum nach dem Reformmarathon wieder anzukurbeln und gleichzeitig die einkommensschwache Mehrheit der Bevölkerung positiv gegenüber der Regierung zu stimmen. Vor diesem Hintergrund ein ausgewogenes Budget auszuarbeiten, ist der indischen Regierung nicht gelungen.
Einschneidende Maßnahmen, die von der Wirtschaft als wichtig erachtet werden, aber wenig Rückhalt in der Bevölkerung finden - beispielsweise die weitere Öffnung für ausländische Direktinvestitionen - finden sich in diesem Budget nicht. Insgesamt setzt die Regierung dieses Jahr wenig auf Wirtschaft. Dafür fokussiert sie auf die unteren Einkommensschichten und adressiert eher sozialpolitische Themen wie Gesundheit und die Unterstützung der Landwirte.
Expertenschätzungen zufolge bezogen im Finanzjahr 2017/18 rund 60 Prozent der Bevölkerung ihr Einkommen direkt oder indirekt aus der Landwirtschaft. Allerdings ist die Produktivität des Sektors gering und Armut auf dem Land weit verbreitet. "Meine Regierung fühlt sich dem Wohl der Bauern verpflichtet", sagte Jaitley. Die Neuausrichtung der Modi-Regierung auf die ländliche Bevölkerung war stilistisch bereits darin zu erkennen, dass die Hälfte der Vorstellung des Budgets auf Hindi stattfand, ein Novum.
Die staatlichen Abnahmepreise für bestimmte landwirtschaftliche Produkte sollen erhöht werden. Zudem wurden große Investitionen in die Entwicklung ländlicher Regionen in Aussicht gestellt. Insgesamt plant die indische Regierung umgerechnet etwa 223 Milliarden US-Dollar (US$; 1 indische Rupie (iR) = 0,01556 US$ - Wechselkurs vom 6. Februar 2018) für den Bau von Straßen und Toiletten sowie für den Ausbau des Stromnetzes ein.
Großangelegte Gesundheitsreform
In seiner Rede kündigte Jaitley auch das nach eigener Aussage größte staatlich finanzierte Gesundheitsfürsorgeprogramm der Welt an. Für circa 100 Millionen hilfsbedürftige Familien sollen Gesundheitskosten von bis zu rund 7.800 US$ pro Jahr für Krankenhausbesuche übernommen werden. Damit könnte man Schätzungen zufolge eine halbe Milliarde Menschen absichern. Weiterhin sollen 24 neue Krankenhäuser entstehen und die Ausbildung von Ärzten verbessert werden.
Kurz nach der Ankündigung sprach man in der indischen Presse von "Modicare" oder, in Anlehnung an den britischen Nationalen Gesundheitsdienst National Health Service, vom "indischen NHS". Allerdings wurden kaum Angaben zur Finanzierung dieser Pläne gemacht. Experten stehen der Realisierung der Ankündigungen eher skeptisch gegenüber.
Besorgniserregend ist die Lockerung der indischen Ziele für das Haushaltsdefizit. Für das Finanzjahr 2017/18 wird mit einem Defizit von 3,5 Prozent statt der geplanten 3,2 Prozent gerechnet, für 2018/19 peilt Indien nun 3,3 Prozent an statt der ursprünglich anvisierten 3 Prozent.
Dadurch verringert sich nicht nur die Wahrscheinlichkeit weiterer Zinssenkungen - dies könnte sogar zu einer Erhöhung des Leitzinses führen. Ein weiteres Indiz hierfür ist die wieder angestiegene Inflationsrate von 5,2 Prozent (Dezember 2017). Indien riskiert auch eine Abwertung durch die Ratingagentur Moody´s, die die Haushaltsdisziplin der Modi-Regierung in den vergangen Jahren sehr gelobt hatte.
Wenig positive Impulse für die Wirtschaft
Nachdem die Einführung der einheitlichen Umsatzsteuer Goods and Services Tax und die Demonetisierung die Wirtschaft belastet hatten, gingen Experten von einer steuerlichen Entlastung von Bevölkerung und Unternehmen aus. Diese Erwartung blieb, mit Ausnahme von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), unerfüllt. Im Gegenteil: Die Sondersteuer "Education Cess" wurde von 3 auf 4 Prozent angehoben (nun "Health and Education Cess").
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