Hinweis:

Diese Meldung stammt aus dem Archiv. In archivierten Meldungen sind möglicherweise nicht mehr funktionierende Links zu anderen Websites enthalten. Die Redaktion übernimmt keine Gewähr für die Funktionalität der Links.

Irans Wirtschaftsaussichten werden immer düsterer

Teheran (10.05.2019) Die Wirtschaftsprognosen für Iran müssen erneut nach unten korrigiert werden. Das weitere Anziehen der Sanktionsschraube wird die Talfahrt der Wirtschaft noch einmal beschleunigen.

Noch vor der unerwarteten Entscheidung der US-Administration, keine neuen Ausnahmegenehmigungen (Waiver) für den Kauf iranischen Öls mehr zu erteilen, senkte der Internationale Währungsfonds (IWF) in der Frühjahrsausgabe des "World Economic Outlook" die Vorhersage für Irans Wirtschaftswachstum 2019/20 (iranisches Jahr 1398: 21.3. bis 20.3.) auf -6 Prozent. Im Herbst 2018 hatte der IWF einen Rückgang um 4 Prozent prognostiziert.

Die IWF-Frühjahrsprognose weist für den Zeitraum 2020/21 bis 2024/25 ein durchschnittliches BIP-Plus (Bruttoinlandsprodukt) von 0,8 Prozent aus. Aber angesichts der großen politischen Unwägbarkeiten erscheinen derzeit mittel- und langfristige Prognosen gewagt.

Ölexport sinkt auf historisch niedrige Werte

Viele Beobachter haben bisher die Bereitschaft der US-Administration, ihre gegen Iran gerichtete Politik des "maximalen wirtschaftlichen Drucks" konsequent umzusetzen, unterschätzt. Das am 22. April 2019 von US-Außenminister Mike Pompeo verkündete Ende aller Öl-Waiver, um sich dem Ziel eines möglichst vollständigen Stopps iranischer Ölexporte möglichst schnell anzunähern, kam überraschend. Für China und Indien, eventuell auch für die Türkei und Südkorea war mit einer Waiver-Verlängerung gerechnet worden. Lediglich eine Reduzierung der erlaubten Importmengen wurde erwartet.

Refinitiv Eikon (Thomson Reuters) zufolge haben die seit November 2018 geltenden US-Sanktionen gegen Irans Ölsektor die iranischen Rohöl- und Kondensatausfuhren im Zeitraum November 2018 bis April 2019 auf durchschnittlich 1,3 Millionen barrel per day (bpd) absinken lassen. In den Monaten Januar bis Oktober 2018 waren es im Durchschnitt 2,4 Millionen bpd. Ein Spitzenwert wurde im Mai 2018 mit 3,2 Millionen bpd erreicht.

Die nun vollzogene Sanktionsverschärfung führt zu einer weiteren starken Verminderung der iranischen Ölexporte. Die bisherigen fünf Nutzer der am 2. Mai ausgelaufenen Ausnahmegenehmigungen (China, Indien, Südkorea, Japan, Türkei) haben vorerst den Import iranischen Öls ganz oder weitgehend eingestellt. Aber es laufen Gespräche mit der US-Administration über die Gewährung von Übergangsfristen, um hinreichend Zeit für die Umstellung auf alternative Lieferanten sowie für notwendige technische Umrüstungen der Raffinerien zu bekommen.

Die meisten Prognosen zur Entwicklung der iranischen Ölexporte liegen zwischen 0,2 Millionen und 0,7 Millionen bpd. Ein so niedriges Ölexportniveau gab es zuletzt während des Iran-Irak-Krieges (1980 bis 1988). Neben schärferen Maßnahmen gegen den Ölsektor dreht Washington auch an vielen anderen Stellen weiter an der Sanktionsschraube. Dazu gehören unter anderem die ständige Erweiterung der Listen sanktionierter juristischer und natürlicher Personen, die Einstufung der iranischen Revolutionsgarden als Terrororganisation, weitere Beschränkungen für Irans zivilen Nuklearsektor oder die Ankündigung einer verschärften Verfolgung von Verstößen gegen die für den Petrochemiesektor geltenden Sanktionen.

Wachstumsprognosen müssen nach unten korrigiert werden

Die bisherigen BIP-Prognosen sind zwar von einem weiter sinkenden Ölexport ausgegangen, aber ein nochmaliger starker Einbruch war nicht einkalkuliert. Die IWF-Frühjahrsprognose rechnete für die Jahre 2019/20 und 2020/21 mit durchschnittlichen Ölexporten von 0,95 Millionen bpd. Angesichts der nun wahrscheinlich deutlich geringeren Ölausfuhren ist für 2019/20 eine BIP-Schrumpfung von 10 Prozent oder mehr nicht auszuschließen.