Vier Fünftel der Gesamtfläche des Landes, das von über 33 Millionen Menschen bewohnt wird, ist Teil der Sahara. Algerien hat nach den von Unruhen geprägten 1990er Jahren seit dem Jahrtausendwechsel trotz immer noch erheblicher politischer, wirtschaftlicher und vor allem sozialer Defizite viel erreicht – vor allem Stabilität. Die politische Stabilisierung und eine zunehmend aktive Zivilgesellschaft helfen dem Land, den Weg zur Normalität zu gehen. Die Regierung unter Präsident Abdelaziz Bouteflika verbindet hartes Durchgreifen gegen Terroristen mit innerer „Aussöhnungspolitik“, Sicherung der algerischen Unabhängigkeit mit vorsichtigen Reformen und wirtschaftlicher Öffnung.
Auswirkungen des Arabischen Frühlings auf die Wirtschaftspolitik
Unmittelbar im Anschluss an die Unruhen in Tunesien sind auch in Algerien im Januar 2011 soziale Proteste ausgebrochen. Grund des Aufbegehrens der Menschen war anders als in den Nachbarländern der stark gestiegene Preis der Grundnahrungsmittel. Dabei kam es in ärmeren Vierteln für zwei Tage auch zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Die Regierung reagierte schnell und beschloss eine Subventionierung der Grundnahrungsmittel, um die Situation zu entschärfen. Seit dem ist es weitgehend ruhig geblieben. Auf die ersten Unruhen in Tunesien und Ägypten reagierte die algerische Regierung mit Offenheit: Sie veranlasste die von der Opposition lange geforderte Aufhebung des seit 19 Jahren bestehenden Ausnahmezustandes. Der algerische Präsident Abdelaziz Bouteflika hat demokratische Reformen und Verfassungsänderungen angekündigt. Mit einem Wahlrecht und einem neuen Parteigesetzt sollen die Mitbestimmungsrechte gestärkt werden. Laut der deutschen Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) ist die Gefahr eines „Regimewechsels von unten“ wie in Tunesien eher gering. Ein wesentlicher Faktor für die Stabilität des Regimes ist laut SWP, dass in Algerien im Gegensatz zu den Nachbarländern mehr politische Ventile existieren. Der Staat verfügt auch über genug Geld, um die sozialen Brandherde zu löschen. Die hohe Liquidität wirkt sich weitergehend positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung des Landes aus. Die algerische Regierung wird weiterhin versuchen neue Arbeitsplätze zu schaffen und auch den Förderungen nach Lohnsteigerungen bei Staatsbediensteten entgegenzukommen. Die politische Situation ist nach wie vor stabil und das alltägliche Leben ist von Normalität gekennzeichnet.
Wirtschaftslage
Begünstigt durch die Stabilität im Land und durch steigende Erdölpreise zeigt sich die algerische Wirtschaft seit Ende der 1990er Jahre stabil und verzeichnet anhaltend hohe Wachstumsraten. Algerien ist reich an Rohstoffen. So besitzt Algerien eines der größten Gas-Vorkommen der Welt (2.-größter Flüssiggasproduzent und 3.-größter Erdgasexporteur) und ist ein wichtiger Erdöl- und Erdgasproduzent: 98% der Exporterlöse resultieren aus dem Verkauf von Öl und Gas, etwa die Hälfte der Staatseinnahmen werden von der Öl- und Gaswirtschaft aufgebracht. Die Kassen sind gut gefüllt - Einnahmen aus Öl- und Gasexporten lagen 2009 bei knapp 43 Mrd. US$. Das Land verfügt über genügend finanzielle Reserven, um den Verfall des Ölpreises seit Mitte 2008 auch mittelfristig abzufedern und umfangreiche Investitionsprogramme in die Modernisierung und Diversifizierung der Wirtschaft fortzuführen.
Der Finanzsektor ist weitgehend unabhängig von den globalen Entwicklungen. Algerien verfügt laut aktuellen Statistiken über Devisenreserven von knapp 149 Mrd. USD und hat seine Auslandsschulden von 23 Mrd. USD in 2002 auf 4,9 Mrd. US$ in 2009 abgebaut. Mit einem BIP von 141 Mrd. USD war Algerien 2009 die drittgrößte Volkswirtschaft Afrikas. Trotz der schwierigen internationalen Wirtschaftslage entwickeln sich die makroökonomischen Daten Algeriens für das Jahr 2010 gut. Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge wird ein BIP-Wachstum von 4,6% erwartet, nach Schätzungen des gtai sogar 5,6%. Durch die gute finanzielle Lage war es dem Land möglich, den Großteil seiner Auslandsschulden abzubauen und die Devisenreserven auf knapp 149 Mrd. USD aufzustocken.
Auch der Nichterdölsektor erfährt seit einigen Jahren eine Belebung und so werden rund 70% des BIP-Wachstums mittlerweile durch den privaten Sektor erwirtschaftet. Hierzu wurden seit 2005 gezielte Investitionsprogramme ins Leben gerufen. So wurde im Zeitraum von 2005 bis 2009 ein Programm zur „Modernisierung der Wirtschaft und Infrastruktur sowie zur Unterstützung der strukturschwachen Regionen“ mit einem Volumen von 200 Mrd. US$ aufgelegt. Ein neues Investitionsprogramm für die Jahre 2010 bis 2014 ist im August 2010 vorgestellt worden und wird mit weiteren 286 Mrd. US$ ausgestattet sein. Auch diese Investitionsvorhaben beziehen sich zu einem großen Teil auf die Verbesserung der Lebensverhältnisse, so ist beispielsweise der Bau von 172 Krankenhäusern, 377 Polikliniken, 113 Geburtskliniken und 45 Gesundheitszentren geplant. Insgesamt sind rund 6,2 Mrd. Euro für den Bereich der Gesundheitswirtschaft vorgesehen. Für Wasser- und Abwasserprojekte plant die Regierung Investitionen in Höhe von 20 Mrd. USD bis 2014. Ein weiterer wichtiger Bereich sind die erneuerbaren Energien, für deren Ausbau bis 2030 70 Mrd. USD investiert werden, um damit einen Anteil von 40% am Stromverbrauch zu erzielen.
Für die Realisierung der Investitionsprogramme besteht in Algerien ein hoher Bedarf an Ausrüstungs- und Produktionsgütern, vor allem in den Bereichen Bauwirtschaft, Petrochemie, Wasserwirtschaft und die Ausrüstung der Kraftwerke. Auch der Gesundheitsbereich verzeichnet einen enormen Bedarf an Medikamenten, Medizintechnik und Ausrüstungsgegenständen.
Die traditionelle deutsche Lieferpalette kommt dem hohen Importbedarf dabei sehr entgegen. Deutsche Unternehmen haben sich daher schon seit der Unabhängigkeit im Jahr 1962 am Aufbau und der Entwicklung der algerischen Volkswirtschaft beteiligt. Das hat unter anderem dazu geführt, dass ein großer Teil der algerischen Industrieanlagen aus den 1970er und 80er Jahren deutschen Ursprungs ist und deutsche Produkte bis heute einen ausgezeichneten Ruf genießen. Der deutsch-algerische Außenhandel hat sich in den letzten Jahren positiv entwickelt. Im Jahr 2006 stiegen die deutschen Exporte um fast 84% gegenüber dem Jahr 2003, und stiegen 2008 noch einmal um fast 30% im Vergleich zu 2007. Deutschland führte 2009 Waren im Wert von 2.7 Mrd. Euro nach Algerien aus und rangiert in der algerischen Importstatistik 2009 hinter Frankreich, China, Italien und Spanien auf fünfter Stelle.
AWZ-Projekt Algerien
Das AWZ-Projekt zur Markterschließung Algerien - ein vom Freistaat Bayern gefördertes Projekt, das den Absatz von Produkten und Leistungen auf den ausgewählten Auslandsmärkten unterstützt – wird in 2012 gemeinsam von der AHK Algerien und der IHK Würzburg-Schweinfurt, durchgeführt. Das Konzept dieses Projektes besteht darin, bayerische KMU aus den Schwerpunkten Umwelttechnologie und Gesundheitswirtschaft, bei ihrem Markteinstieg in Algerien zu unterstützen. Dazu wird eine ziellandspezifische und individuelle Exportberatung für jedes teilnehmende Unternehmen geleistet, potentielle Geschäftspartner im Zielmarkt Algerien ermittelt und im Rahmen einer Geschäftsreise der Unternehmen der direkte Kontakt und Austausch mit ausgewählten möglichen Geschäftspartnern sowie das persönliche Kennenlernen der Zielmärkte ermöglicht. Im Rahmen des Projektes werden die Teilnehmer durchgängig im Vorfeld, während und im Anschluss der Geschäftsreise von der AHK Algerien beraten und betreut, um eine nachhaltige Entwicklung der aufgebauten Geschäftskontakte zu garantieren.
(Text: Katharina Schäfer, AHK Algerien)
Kontakt:
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Messen:
Messetermine in Algerien finden Sie unter www.auma.de