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Fokus auf... Westlicher Balkan

Die Länder des westlichen Balkans Serbien, Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Montenegro, Albanien und Kosovo haben mehr zu bieten als Urlaub am Adriastrand und Trekkingtouren. Sie eröffnen für bayerische Unternehmen als nahe und günstige Investitionsstandorte interessante Perspektiven.

Meggle, Traditionsbetrieb aus Wasserburg, kennt sich im Osten richtig gut aus. Schon Anfang der 1990er-Jahre zog es den Hersteller von Milcherzeugnissen nach Osteuropa. „Die Märkte waren hier noch nicht so strukturiert“, sagt Marjan Vucak (42), CEO Meggle Südosteuropa. Auch in Serbien sowie Bosnien und Herzegowina investierte Meggle erfolgreich.

Attrakiv für Investoren

„Der Westbalkan bietet attraktive Investitionsstandorte, die zudem in unserer Nähe liegen“, bestätigt Martin Knapp (58), Direktor der Deutsch-Serbischen Wirtschaftskammer (AHK) in Belgrad. Serbien, Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Montenegro, Albanien und Kosovo sind politisch auf dem Weg zu einer Mitgliedschaft in die EU. Auch wenn sie dafür noch eine Reihe von Hindernissen ausräumen müssen, böten sie schon jetzt vielfältige Möglichkeiten wirtschaftlicher Kooperation, so Knapp.

Deutsche Unternehmen können auf dem Westbalkan sehr erfolgreich sein – wenn sie realistische Ziele verfolgen. „Die Länder sind kostengünstig, weil dort noch nicht alles rundläuft“, so Knapp. „Bedingungen wie in Dänemark zum Preis von Albanien gibt es nicht.“

Keine Zollschranken

Die Länder bieten für ausländische Firmen einen entscheidenden Vorteil: Durch das Freihandelsabkommen CEFTA sind Zollschranken zwischen den Westbalkan-Staaten und der EU bereits abgebaut. Unternehmen, die auf dem Westbalkan produzieren, können also problemlos in die EU liefern. Die günstige geografische Lage und die zum Teil gut ausgebaute Verkehrsinfrastruktur sprechen ebenfalls für die Region. Trotz einiger Gemeinsamkeiten unterscheiden sich die Staaten der ehemaligen jugoslawischen Republik aber deutlich, betont Philipp Axamit, Referent Europa der IHK für München und Oberbayern: „Jedes Land hat in den letzten Jahren eigene Kompetenzen entwickelt.“

Serbien

Das Land ist als Standort für Industriebetriebe stark gefragt, besonders bei der Automobilzulieferindustrie, berichtet AHK-Geschäftsführer Knapp. Serbien setzte in den vergangenen beiden Jahren einige Reformen durch, die es für ausländische Investoren deutlich attraktiver machen. Das betrifft in erster Linie das Arbeits- und das Baurecht, aber auch Themen wie Privatisierung, Boden- und Insolvenzrecht. Allerdings ist – vor allem auf dem Gebiet der Rechtssicherheit – noch einiges zu tun.

Montenegro

Bis zur Erklärung seiner Unabhängigkeit 2006 wurde der Staat eher als Anhängsel Serbiens wahrgenommen. Heute ist Tourismus der wichtigste Wirtschaftsfaktor. Das wirkt sich vor allem positiv auf die Baubranche und die Konsumgüterindustrie aus. Montenegrinische und deutsche Investitionsprogramme fördern diese Entwicklung nachhaltig.

Bosnien und Herzegowina

Das Interesse an dem Land hat in letzter Zeit deutlich zugenommen, sagt Martin Gaber (26), stellvertretender Delegierter der Deutschen Wirtschaft in Sarajevo: „Deutsche Unternehmen, die sich gerade aus Fernost – beispielsweise aus China – zurückziehen, sehen Bosnien und Herzegowina zunehmend als Alternative.“ Das gelte vor allem für Automobilzulieferer, in der Textilbranche und der Metallverarbeitung. Mittlerweile sind die Lohnkosten in dem Westbalkan-Staat nicht höher als in vielen Regionen Asiens, die Lieferwege dafür aber wesentlich kürzer. Deutsche Unternehmen in Bosnien und Herzegowina sind vor allem mit der Leistungsbereitschaft und Produktivität ihrer Mitarbeiter zufrieden, ermittelte eine aktuelle AHK-Umfrage. „Firmen loben die gute Ausbildung und den Fleiß der Arbeitnehmer“, beobachtet Gaber. „Aber auch bei der Qualität und Verfügbarkeit lokaler Zulieferer kann Bosnien und Herzegowina punkten.“

Mazedonien

Das Land arbeitet an seinen Standortfaktoren und wirbt gezielt um Investoren. Im Doing Business Index der Weltbank, der die Bedingungen für Aufbau und Betrieb von Unternehmen in einem Land bewertet, liegt Mazedonien mittlerweile auf dem zwölften Rang – drei Plätze vor Deutschland. In den vergangenen Monaten kam es in Mazedonien allerdings immer wieder zu Massenprotesten gegen die herrschende Elite, der Korruption und Machtmissbrauch vorgeworfen werden. „Bisher hat das den Betrieb der ausländischen Unternehmen aber nicht beeinträchtigt“, so AHK-Direktor Knapp, der auch Delegierter der Deutschen Wirtschaft in Skopje ist.

Kosovo

Investitionen bayerischer Unternehmen könnte der Staat dringend brauchen. Viele Firmen sehen das Land jedoch noch als ein politisches Provisorium – zu riskant, um dort zu investieren. Dabei gibt es laut AHK-Direktor Knapp eine sehr junge, ungemein (sprach-)begabte und motivierte Bevölkerung, die dringend Beschäftigung sucht. Zudem gelten die Kosovaren als besonders deutschfreundlich.

Albanien

Wie Mazedonien, Montenegro und Serbien besitzt Albanien bereits den Status eines EU-Beitrittskandidaten. Die bayerische Wirtschaft hat das Land bisher als Standort jedoch kaum wahrgenommen. „Albanien gilt bei deutschen Unternehmen eher als eine Art Reserve-Investitions-standort“, erklärt Knapp. Aber das kann sich ja noch ändern. 

IHK-Ansprechpartner

Philipp Axamit, Tel. 089 5116-1492
philipp.axamit(at)muenchen.ihk.de

Meggle: Geduld und Verständnis

Meggle gehört zu den weltweit renommiertesten Herstellern von Milcherzeugnissen. Schon seit Anfang der 1990er-Jahre ist das Unternehmen aus Wasserburg am Inn in den südosteuropäischen Ländern engagiert. Nach dem Mauerfall orientierte sich Meggle nach Osteuropa, berichtet Marjan Vucak, CEO Meggle Südosteuropa: „Wir haben den Weg der Verarbeitung aus lokalen Rohstoffquellen gesucht, da Milch nicht unendlich weit transportiert werden kann.“ 1990 gründete Meggle als erstes westliches Milchindustrieunternehmen eine Vertriebsniederlassung in der Slowakei. Auch in Serbien sowie Bosnien und Herzegowina baute Meggle Marken auf und akquirierte Produktionsstandorte.

Für eine Herausforderung hält Vucak in den Nicht-EU-Staaten die rechtlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Aspekte eines Engagements. Sein Rat: „Geduld und Verständnis sind eines der wichtigsten Kriterien, um in diesen Ländern vorwärtszukommen.“ Mit der Entwicklung der Unternehmen ist der 42-Jährige zufrieden und betont: „Das war nur möglich durch Fleiß, Know-how und gute Mitarbeiter.“

Quelle: IHK Magazin Wirtschaft der IHK für München und Oberbayern, 09/2016, Verfasserin: Mechthilde Gruber