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Bayerische Betriebe: Sprache ist größtes Problem bei Flüchtlingsintegration

Aschaffenburg (10.05.2018) - Die bayerische Wirtschaft sieht die Integration von Flüchtlingen in Ausbildung und Arbeit im Freistaat auf gutem Wege. Laut einer aktuellen Umfrage des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK) beschäftigt bereits ein Viertel der befragten Betriebe (24 Prozent) Flüchtlinge als Auszubildende, Fach- oder Hilfskräfte.

Ein Jahr zuvor lag dieser Anteil noch unter einem Fünftel (19 Prozent). Die Flüchtlinge arbeiten zumeist als Hilfskräfte (53 Prozent aller von Flüchtlingen besetzten Stellen), absolvieren eine Ausbildung (27 Prozent) oder ein Praktikum (13 Prozent). Als Fachkräf-te haben derzeit 7 Prozent eine Beschäftigung gefunden.

Auch rechtliche Unsicherheiten

Als größte Probleme geben die Unternehmen fehlende Sprachkenntnisse sowie rechtliche Unsicherheiten an. Ein Sechstel der Betriebe (16 Prozent) nennt die Sprache als Grund für den Abbruch eines Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses. Bei 11 Prozent der Betriebe beendeten rechtliche Hürden wie eine entzogene Arbeitserlaubnis oder eine Abschiebung die Beschäftigung eines Flüchtlings. „Um die Flüchtlinge noch schneller zu integrieren und als dringend benötigte Fachkräfte zu qualifizieren, ist eine bessere Sprachförderung sowie nach wie vor mehr rechtliche Sicherheit notwendig“, sagte BIHK-Präsident Eberhard Sasse am Mittwoch bei einem Spitzentreffen der bayerischen IHKs mit Bayerns Wirtschaftsminister Franz Josef Pschierer (CSU) in Aschaffenburg.

Oft zu komplizierte Prüfungsfragen

„Deutsch lernen ist Integration, deswegen setzt die Wirtschaft vor allem auf einen Ausbau der vorbildlichen Arbeit in den Berufsintegrationsklassen für Flüchtlinge an den bayerischen Berufsschulen. Wir wünschen uns, dass erfolgreiche Pilotprojekte auf ganz Bayern ausgeweitet werden. Dazu gehört der gezielte Einsatz von Lehramtsstudenten zur Sprachförderung in Berufsschulklassen für Flüchtlinge sowie ein um ein Jahr verlängertes Ausbildungsmodell mit intensiver Sprachförderung der IHK zu Coburg“, so Sasse. Zudem könnten unverhältnismäßige Hürden bei der beruflichen Qualifizierung von Nicht-Muttersprachlern durch sprachlich vereinfachte Prüfungen ausgeräumt werden, ohne das Prüfungsniveau zu senken, regte Sasse an. In Aufgaben sollten etwa zu komplizierte Formulierungen vermieden werden. Für Kandidaten ohne vorherigen deutschsprachi-gen Schulabschluss sei bei der anstehenden Reform des Berufsbildungsgesetzes eben-so eine längere Bearbeitungszeit von Aufgaben zu prüfen, so Sasse. Hilfsmittel wie Wör-terbücher bei Prüfungen lassen die bayerischen IHKs als Vorreiter in Deutschland bereits seit Juni 2015 zu.

Außerdem macht sich die Wirtschaft weiterhin für eine intelligente Stichtagsregelung für mehr Rechtssicherheit für die Flüchtlinge und die Betriebe stark. „Wir fordern, dass bereits hier befindliche Flüchtlinge, die beruflich qualifiziert, in berufsvorbereitenden Berufsschulklassen oder in Ausbildung sind, der Weg zu einem gesicherten Aufenthalt geöffnet wird. Eine solche Regelung wäre ein starkes politisches Signal für Klarheit und ein Schlussstrich unter das Tauziehen um das Aufenthaltsrecht vieler Flüchtlinge, die sich gut integriert haben und für ihren eigenen Lebensunterhalt aufkommen wollen“, sagte Sasse. Eine solche Regelung würde auch Rechtssicherheit für die fast 10.000 Flüchtlinge schaffen, die heuer im Freistaat die berufsvorbereitenden Klassen der Berufsschulen beenden und im Anschluss eine Ausbildung oder Arbeit suchen. Aktuell absolvieren bereits 3.675 Flüchtlinge eine Ausbildung in bayerischen Betrieben aus Industrie, Handel und Dienstleistungen.

Bayerns Wirtschaftsminister Franz Josef Pschierer dankte der bayerischen Wirtschaft für ihr Engagement: „Dank der Initiative ‚Integration durch Ausbildung und Arbeit‘ steht Bayern bei der Integration von Flüchtlingen im bundesweiten Vergleich an der Spitze. Das ist eine enorme Leistung insbesondere der Betriebe. Wir müssen uns bei der Integration von Flüchtlingen aber auf diejenigen konzentrieren, die absehbar langfristig in Bayern bleiben werden. Probleme in der Praxis müssen wir einheitlich lösen. Rechtssicherheit sind wir den Betroffenen, aber auch unseren Betrieben schuldig.“ Der Wirtschaftsminister sicherte der bayerischen Wirtschaft seine Unterstützung zu und warb darum, sich gemeinsam für eine bessere Steuer- und Energiepolitik auf Bundesebene einzusetzen. Weitere Themen beim Meinungsaustausch der Spitzenvertreter aller neun bayerischen IHKs mit dem Minister waren Fachkräftemangel und Digitalisierung.