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Deutsch-türkische Wirtschaftsbeziehungen: Vertrauensbasis stärken

Berlin (02.07.2018) - Nach den Wahlen in der Türkei: Kleine und mittlere Unternehmen warten nach Einschätzung der Deutsch-Türkischen Industrie- und Handelskammer (AHK Türkei) bei Neuinvestitionen derzeit ab und prüfen die

Auswirkungen des Wahlergebnisses auf ihre Geschäftsentwicklung vor Ort.

Auf den ersten Blick scheint die türkische Wirtschaft die politischen Turbulenzen der vergangenen Jahre vergleichsweise gut überstanden zu haben. Die Wachstumsraten lagen 2017 mit 7 Prozent bzw. den für 2018 prognostizierten 4,4 Prozent höher als in vielen anderen Schwellenländern. Bei näherem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass sich das türkische Wirtschaftswachstum hauptsächlich auf den privaten Binnenkonsum stützt, der durch staatliche Konjunkturprogramme massiv angekurbelt wird. Angesichts der demografischen Entwicklung in der Türkei dürfte der Binnenkonsum auch in den kommenden Jahren ein wesentlicher Treiber für die wirtschaftliche Entwicklung bleiben. Ohne Risiken ist dies jedoch nicht. Es besteht die Gefahr der Überschuldung von Privathaushalten, und für den Staat sind die Konjunkturprogramme sehr teuer. Hinzu kommt, dass die Produktion im Land nicht mit der Konsumneigung Schritt hält: So wurden im ersten Quartal 2018 laut türkischem Statistikamt nur 0,5 Prozent mehr Exporte als im Quartal zuvor verzeichnet. Die Importe sind hingegen um 15,6 Prozent gestiegen.

Für eine nachhaltige Entwicklung wäre es daher wichtig, nicht nur auf fiskalische Stimuli zur Stärkung des Binnenkonsums zu setzen, sondern die türkische Wirtschaft auf ein breiteres Fundament zu stellen. Ein wesentlicher Faktor für das durch den Binnenkonsum bedingte Wirtschaftswachstum der Türkei sind die niedrigen Zinsen. Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte sich in der Vergangenheit wiederholt gegen eine Anhebung des Leitzinses ausgesprochen, um den wirtschaftlichen Aufschwung nicht zu gefährden. Diese Einflussnahme auf geldpolitische Entscheidungen ist jedoch riskant. Allein seit Jahresbeginn verlor die türkische Lira gegenüber dem US-Dollar um 20 Prozent an Wert. Die Inflation ist derzeit mit einer Rate von mehr als 12 Prozent ebenfalls hoch. Durch den Verfall der türkischen Lira werden Importe deutlich teurer. Diese Entwicklung steht Erdogans Strategie eines hohen Wirtschaftswachstums auf Basis des starken Binnenkonsums klar entgegen.
Doch nicht nur das: Auch ausländische Investoren halten nicht viel von den politisch geprägten geldpolitischen Entscheidungen des Landes. Ihr Vertrauen zurückzugewinnen, wird jedoch entscheidend für die weitere wirtschaftliche Entwicklung der Türkei sein. Für ausländische Investoren – nicht zuletzt aus Deutschland – ist die Unabhängigkeit der Zentralbank ein entscheidendes Kriterium bei der Bewertung der Attraktivität der Türkei als Investitionsstandort und Exportmarkt.

Deutsche Unternehmen in der Türkei

Laut AHK Türkei sind über 6.500 deutsche Unternehmen mit mehr als 120.000 Beschäftigten in der Türkei aktiv. Trotz des durch sie bereits aufgebauten Kapitalstocks von knapp zehn Milliarden Euro herrscht bei vielen deutschen – insbesondere kleinen und mittleren – Betrieben Unsicherheit in Bezug auf ihre zukünftige Positionierung im  Türkeigeschäft. Sowohl die IHKs als auch die AHK Türkei stehen ihnen bei Investitionsentscheidungen beratend zur Seite. Bei Schwierigkeiten in Hinblick auf Handelsabwicklungen oder bei der Beantragung von Arbeitserlaubnissen und Aufenthaltsberechtigungen konnte die AHK Türkei in jüngster Zeit bereits erfolgreich unterstützen. Wichtig ist aber vor allem, dass die türkische Seite Signale sendet, die die Rechtssicherheit im Land und damit das Vertrauen ausländischer Investoren in den Wirtschaftspartner Türkei wieder stärken.

Quelle: DIHK Courier