Im Oktober 2017 hat die Europäische Kommission Vorschläge zur ersten Stufe der Reform des EU-Mehrwertsteuersystems für die Einführung des „endgültigen Systems der Besteuerung des Handelns zwischen Mitgliedstaaten” vorgelegt. Die Neuregelung soll das System robuster, einheitlicher und effizienter machen und Steuerbetrügereien vermindern.
Seit 2019 wurden schrittweise neue Regelungen der EU-Mehrwertsteuerreform umgesetzt. Mit den sogenannten Quick-Fixes wurden bereits 2020 Neuregelungen zu den Themen Reihengeschäfte, Konsignationslager, Umsatzsteueridentifikationsnummer und Zusammenfassende Meldung getroffen.
Ab Juli 2021 sollen weitgreifende steuerliche Änderungen für den Online-Handel folgen. Betroffen sind alle Unternehmen innerhalb und außerhalb der EU, die europäischen Privatpersonen online Waren und Dienstleistungen anbieten, unabhängig von dem Vertriebskanal. Für den Onlinehandel sind bereits 2015 ersten Maßnahmen in Kraft getreten und betrafen Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen sowie elektronisch erbrachte Dienstleistungen.
Eine weitere Änderung sollte am 1. Januar 2021 erfolgen. Diese wird aber Corona bedingt auf den 1. Juli 2021 verschoben. Dennoch sollten sich betroffene Unternehmer bereits jetzt mit den voraussichtlichen Änderungen beschäftigen und entsprechende Vorbereitungen treffen.
Lieferung an Nichtunternehmer
Ab 1. Juli 2021 werden Lieferungen von Gegenständen an Nichtunternehmer innerhalb der EU im Rahmen eines Fernverkaufes, im Ansässigkeitsstaat des Empfängers steuerbar sein. Voraussetzung ist, dass der Lieferant innerhalb der gesamten EU durch entsprechende Fernverkäufe einen Umsatz von jährlich mehr als 10.000 Euro erzielt. Um eine Registrierungspflicht für umsatzsteuerliche Zwecke der liefernden Unternehmer im jeweiligen Ansässigkeitsstaat des Kunden zu vermeiden, wird das sog. One-Stop-Shop- (OSS-) Verfahren auf diese innergemeinschaftlichen Fernverkäufe ausgedehnt.
Versandhandel über elektronische Schnittstellen (fiktive „in Reihe geschalteten“ Lieferungen)
Werden Lieferungen von Unternehmern an Nichtsteuerpflichtige durch die Nutzung einer sog. elektronischen Schnittstelle (beispielsweise eines Marktplatzes, einer Online-/Internet-Plattform oder eines Portals) unterstützt, werden die Betreiber dieser Schnittstellen unter gewissen Voraussetzungen in die Liefer-/Umsatzkette fiktiv umsatzsteuerlich mit einbezogen. Sie werden unter bestimmten Voraussetzungen selbst Lieferer und Verkäufer innerhalb einer Reihe. Auch hier soll der elektronischen Schnittstelle das OSS-Verfahren für die meisten Liefervorgänge zur Verfügung stehen.
Besonderheiten bei der Einfuhr
Die Steuerbefreiung für Warensendungen bis 22 Euro soll entfallen und der neue relevante Sachwert beträgt 150 Euro. Waren mit einem Sachwert von max. 150 Euro werden nur noch unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei, insbesondere im OSS-Verfahren unter Verwendung einer speziellen OSS-UStIDNr. Erfolgt keine Meldung im OSS-Verfahren ist die Einfuhr nicht steuerfrei.
Innergemeinschaftlichen B2C-Dienstleistungen
Während grundsätzlich die Erbringung von Dienstleistungen an Nichtunternehmer i.S.d. § 3a Abs. 1 UStG am Sitzort des leistungserbringenden Unternehmers steuerbar ist, kann die Anwendung des OSS-Verfahrens jedoch in bestimmten Fällen, wo die Leistung im EU-Ausland steuerbar ist, eine Vereinfachung sowie Vermeidung einer Registrierungspflicht in einem anderen EU-Mitgliedstaat mit sich bringen.
One-Stop-Shop
Die Reform sieht die Einrichtung von drei spezifischen optionalen Betriebsformen (One-Stop-Shop innerhalb der EU, One-Stop-Shop außerhalb der EU und iOne-Stop-Shop) vor, die es den Unternehmen ermöglichen, ihre Steuererklärungen in einem einzigen EU-Land zu zentralisieren, unter Verwendung einer neuen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die für jeden One-Stop-Shop spezifisch ist. Daneben bleibt der bisherige Mini One Stop Shop (MOSS) für auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen, Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen weiter bestehen.
Fazit: Auf Onlinehändler kommen umfangreiche Änderungen zu. Betroffene Unternehmen sollte die Übergangszeit nutzen, um zu bestimmen, wo und wie die einzelnen Verkäufe in Zukunft angemeldet werden sollen. Hierzu empfehlen wir Ihnen eine eingehende Rücksprache mit Ihrem Steuerberater.
Weitere Informationen finden Sie auf der Seite der europäischen Kommission.
(Quelle: IHK Würzburg-Schweinfurt)