Die Europäische Union (EU) hat gemeinsam mit den G7-Staaten massive Sanktionen in den Bereichen Finanzen, Energie, Transport (Luftfahrt, Seeschifffahrt), Funkkommunikationstechnologie, Dual-Use-Güter, Stahlwaren und Luxusgüter, sowie Beschränkungen gegen Personen und Unternehmen und bei der Visapolitik beschlossen.
Zu den bestehenden Sanktionen, die bereits 2014 als Reaktion auf die Besetzung der Krim verhängt worden waren, kommen aktuell folgende hinzu.
Finanzsektor
Die EU beschneidet den Zugang Russlands zu ihren Kapitalmärkten, blockiert die Devisenreserven, erhöht die Kreditkosten für die sanktionierten russischen Unternehmen und untergräbt allmählich die industrielle Basis Russlands durch folgende Beschlüsse:
- Verbot jeglicher Form der Kreditvergabe an bestimmte russische Banken und die Regierung (einschließlich der Zentralbank) und Verbot des Kaufs von Wertpapieren, die von diesen ausgegeben werden;
- Ausschluss von sieben russischen Banken aus dem Finanzkommunikationssystem SWIFT;
- vollständiges Finanzierungsverbot für und Einfrieren der Vermögenswerte von vier russischen Banken;
- vollständiges Verbot jeglicher Transaktionen mit bestimmten russischen Staatsbetrieben in verschiedenen Sektoren, vor allem dem militärisch-industriellen Komplex Russlands;
- Verbot von Investitionen in Projekte, die vom Russischen Direktinvestitionsfonds mitfinanziert werden;
- Verbot großer Einlagen der russischen Elite bei EU-Banken (über 100.000 Euro);
- Verbot der Lieferung von auf Euro oder eine andere Währung eines EU-Mitgliedslandes lautenden Banknoten nach Russland;
- Einbeziehung von Krypto-Vermögenswerten in die Sanktionen (fallen unter den Begriff "übertragbare Wertpapiere");
- Verbot der Bewertung des russischen Staats und russischer Unternehmen durch EU-Ratingagenturen und der Erbringung von Ratingdienstleistungen für russische Kunden.
Die EU hat alle Transaktionen mit der russischen Zentralbank verboten und alle ihre Vermögenswerte sowie die Vermögenswerte russischer Oligarchen eingefroren. Der Zentralbank wurden zudem weitreichende Beschränkungen für den Zugriff auf ihre Devisenreserven in der EU auferlegt.
Sieben russische Banken wurden vom SWIFT-System ausgeschlossen. Für vier der sieben Institute wurde auch ein Bereitstellungsverbot verhängt und ihre Vermögenswerte in der EU wurden eingefroren. Diese Finanzinstitute können faktisch am internationalen Zahlungsverkehr nicht mehr teilnehmen, was ihre globale Geschäftstätigkeit und ihre Fähigkeit zur Abwicklung von Außenhandelstransaktionen massiv einschränkt.
Insgesamt heißt das: 70 Prozent des russischen Bankenmarktes und wichtige staatliche Unternehmen werden – auch im Verteidigungsbereich – von den wichtigsten Kapitalmärkten abgeschnitten.
Energiesektor
Das Ausfuhrverbot für bestimmte Raffinerietechnologien, das zu dem bereits bestehenden Verbot von Ölausrüstungen aus dem Jahr 2014 hinzukommt, macht es für Russland schwieriger und kostspieliger, seine Ölraffinerien aufzurüsten.
- Die Ausfuhren von raffiniertem Öl in die EU brachten Russland 24 Milliarden Euro im Jahr 2019 ein. Russland ist daher stark abhängig von diesen Zulieferungen.
- Ein weitreichendes Verbot von Neuinvestitionen im gesamten russischen Energiesektor, mit begrenzten Ausnahmen für die zivile Kernenergie und den Rücktransport bestimmter Energieprodukte in die EU.
Transportsektor
- Der EU-Luftraum wird für alle in russischem Besitz befindlichen, in Russland registrierten oder von Russland kontrollierten Flugzeuge geschlossen, einschließlich Privatjets von Oligarchen. Diese Flugzeuge sind nicht mehr in der Lage, im Gebiet der EU zu landen, zu starten oder es zu überfliegen.
- Der Export, Verkauf und die Lieferung oder Weitergabe von Luftfahrzeugen, -teilen und -ausrüstung an russische Fluggesellschaften ist verboten. Dies gilt auch für alle damit verbundenen Reparatur-, Wartungs- und Finanzdienstleistungen.
- Drei Viertel der derzeitigen russischen Verkehrsflugzeugflotte wurden in der EU (Airbus), den USA (Boeing) und Kanada gebaut. Dies bedeutet, dass Russland nicht in der Lage sein wird, seine Flotte nach internationalen Standards zu warten.
- Verbot der Ausfuhr von Gütern der Seeschifffahrt und von Funkkommunikationstechnologie nach Russland: Es ist verboten, Güter und Technologien der Seeschifffahrt unmittelbar oder mittelbar an natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Russland, zur Verwendung in Russland oder zum Mitführen an Bord eines Schiffes unter russischer Flagge zu verkaufen, zu liefern, zu verbringen oder auszuführen.
Industriesektor (Spitzentechnologie)
- Der Zugang Russlands zu wichtigen Schlüsseltechnologien wie Halbleitern oder modernster Software wird beschränkt.
Beschränkungen des Warenverkehrs
- Die Ausfuhr von Dual-Use-Gütern des Anhangs I der EU-Dual-Use-VO 2021/821 nach Russland ist grundsätzlich unabhängig vom Empfänger beziehungsweise Endverwender verboten.
- Weitere Beschränkungen betreffen Güter der Spitzentechnologie, die dazu beitragen könnten, dass Russland technologische Verbesserungen in seinem Verteidigungs- und Sicherheitssektor erzielt. Darunter sind Halbleiter und fortschrittliche Elektronik, Software für Verschlüsselungsgeräte, Drohnen und Software für Drohnen.
- Aussetzung der Meistbegünstigung bei der Welthandelsorganisation: Die EU hat in Zusammenarbeit mit den G7-Ländern und anderen gleichgesinnten Partnern die Behandlung Russlands als meistbegünstigte Nation im Rahmen der World Trade Organization (WTO) zum 15. März 2022 eingestellt. Damit verliert Russland wichtige Handelsvorteile als WTO-Mitglied. Die EU hat beschlossen, nicht mit einer Erhöhung der Einfuhrzölle zu reagieren, sondern mit einer Reihe von Sanktionen, die Einfuhr- und Ausfuhrverbote für bestimmte Waren umfassen, insbesondere ein:
- Einfuhrverbot für die Stahlerzeugnisse, die derzeit unter EU-Schutzmaßnahmen fallen. Zum Ausgleich werden erhöhte Einfuhrkontingente an andere Drittländer verteilt. Das Einfuhrverbot für Stahlerzeugnisse bedeutet für Russland einen Verlust an Exporteinnahmen in Höhe von rund 3,3 Milliarden Euro;
- Exportverbot für Luxusgüter (Warenwert ab 300 Euro), um die russischen Eliten direkt zu treffen. Das Ausfuhrverbot für EU-Luxusgüter wird den russischen Eliten Waren wie Autos, Bekleidung, Schuhe, Lederwaren, Uhren und Schmuck vorenthalten.
- Teilweises Ölembargo
- Importverbot für Gold und Schmuck, das aus russischen Minen stammt. Dabei umfasst das Verbot "Gold zu erwerben, einzuführen oder über europäisches Territorium zu befördern".
Individuelle Beschränkungen für Personen, Unternehmen und Organisationen
- Die beschlossenen Sanktionen richten sich gegen 1091 Einzelpersonen und 80 Unternehmen in Russland und im Ausland (Stand: 8. April 2022), die den Krieg gegen die Ukraine unterstützen.
- Das betrifft auch Staatspräsident Putin, Außenminister Lawrow, Kreml-Sprecher Peskow, die Mitglieder des Nationalen Sicherheitsrates, alle Duma-Abgeordneten, Vertreter des Militärs und zahlreiche Oligarchen, sowie Familienangehörige dieser Personen.
Visavergabe
- Diplomaten, Parlamentsabgeordnete und verwandte Gruppen sowie Geschäftsleute verlieren ihren privilegierten Zugang zur Europäischen Union:
- Russische Inhaber von Diplomatenpässen können nicht mehr ohne Visum in die EU einreisen.
- Russische Regierungsbeamte und Geschäftsleute kommen nicht mehr in den Genuss von Erleichterungen wie einer geringeren Visumgebühr bei der Beantragung eines Visums.
- Mehr hierzu lesen Sie im GTAI-Bericht "EU beschränkt Visavergabe an russische Großunternehmer".