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Präferenzkalkulation – So rechnen Sie richtig!‎

Augsburg (06.05.2019) - Alle (Ursprungs-)Präferenzabkommen sehen vor, dass auch Erzeugnisse als Ursprungswaren der ‎Europäischen Union (EU) gelten und damit Zollvorteile ‎in Anspruch nehmen können, die unter Verwendung von Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft (VoU) hergestellt worden sind. Vo‎raussetzung ist, dass die VoU einer ausreichenden ‎Be- oder Verarbeitung in der EU unterzogen worden sind.‎

Um die ausreichenden ‎Be- oder Verarbeitung nachweisen zu können, bedarf es häufig einer Präferenzkalkulation.
 
Tipp: Da Präferenzkalkulationen durchaus komplex sein können, ist es ratsam, vorab zu prüfen, ob im Bestimmungsland überhaupt Zölle erhoben werden. Falls nein, erübrigt sich die Ausfertigung ‎eines Präferenznachweises. ‎‎Um die Zölle im Bestimmungsland zu ermitteln, ist die Market Access Database ein gutes Hilfsmittel.

„Ausreichende Be- oder Verarbeitung“

Die „ausreichende Be- oder Verarbeitung“ wird durch Verarbei‎tungslisten definiert. Die tabellarisch aufgebaute Verarbeitungsliste (kurz: Liste) orientiert sich in ihrer Struktur am Zolltarif. Ausgangspunkt der Anwendung ist daher, dass dem hergestellten Fertigprodukt die richtige ‎HS-Position (die ersten vier Ziffern der Zolltarifnummer/Warennummer) zugewiesen wird. Mit dieser Positionsnummer findet man in der Liste die ‎zutreffende Be- oder Verarbeitungsregel, die mit dem Bestimmungsland vereinbart wurde. ‎

Bedingungen in der Liste

Die Bedingungen der Verarbeitungsliste sind unterschiedlich ‎ausgestaltet. Entweder ist die vorgegebene Regel der Positionswechsel oder eine Wertklausel oder eine Kombination beider Kri‎terien. Sonderregeln gelten für die Freihandelsabkommen mit ‎Kanada (CETA) oder mit Japan (JEFTA).‎
 
Eine häufig vorkommende Listenbedingung ist der sogenannte ‎Positionswechsel, bei dem das hergestellte Erzeugnis einer ‎anderen HS-Position zugewiesen werden muss als die für die ‎Herstellung verwendeten VoU. D.h., es geht um einen Vergleich ‎der Positionen der VoU mit der Position des Enderzeugnisses. In ‎der Regel müssen alle VoU den Positionswechsel erfüllen, ‎sofern nicht eine Ausnahme (Toleranzregel, in den meisten ‎Präferenzabkommen 10% des Ab-Werk-Preises) gilt.‎
 
Sog. Wertklauseln stellen auf die Wertschöpfung in der EU ab. Konkret wird der im Rahmen der Be- oder Ver‎arbeitung höchstens zulässige Wert der verwendeten VoU ‎festgelegt. Er ist ausgedrückt als Prozentsatz in Relation zum Ab-‎Werk-Preis (AWP) des hergestellten Erzeugnisse. Mitunter ist ‎stattdessen oder zusätzlich das wertmäßige Verhältnis der ‎verwendeten Vormaterialien mit und ohne Ursprungseigenschaft ‎zueinander festgelegt. Bei der Bestimmung des AWP ‎sowie des Wertes der Vormaterialien sind einige Regelungen für ‎die Kalkulation zu beachten. ‎

Ermittlung des Ab-Werk-Preises

In allen Präferenzregelungen ist festgelegt, dass der AWP der ‎Preis des Erzeugnisses ab Werk ist, der dem Hersteller in der ‎EU gezahlt wird, in dessen Unternehmen die ‎letzte Be- oder Verarbeitung durchgeführt worden ist, sofern ‎dieser Preis den Wert aller verwendeten Vormaterialien umfasst.‎
 
Nicht zum AWP gehören

  • ‎alle inländischen (in manchen Protokollen interne) Abgaben ‎‎(z.B. Umsatzsteuer, Verbrauchsteuern), die erstattet werden ‎oder erstattet werden können, wenn das hergestellte Erzeugnis ausgeführt wird,‎
  • ‎Transport- und Versicherungskosten bei andern ‎Lieferbedingungen als EXW (ab Werk),
  • ‎Zoll und Steuern im Bestimmungsland bei Lieferbedingung ‎DDP (delivered duty paid - Lieferung verzollt und ‎versteuert),‎
  • ‎in der Ausfuhrrechnung enthaltene Montagekosten, die in ‎einem Partnerstaat anfallen.‎ 

Rabatte (Sofortrabatte, deren Höhe im Zeitpunkt der Lieferung ‎bereits feststeht) müssen aus dem Rechnungspreis heraus ge‎rechnet werden; handelsübliche Skonti und Boni ("nachträgliche ‎Mengenrabatte") sind nicht herauszurechnen.‎
 
Hinweis: In vielen Fällen werden gleichartige Produkte zu unterschiedlichen Preisen an verschiedene Kunden geliefert oder VoU ‎werden zu unterschiedlichen Preisen eingekauft. Bei der ‎Ursprungskalkulation sind der konkrete AWP sowie die ‎konkreten Werte der Vormaterialien für das jeweilige Geschäft ‎anzusetzen.‎

Worst-Case-Kalkulation

Eine individuelle Kalkulation ist sehr aufwendig, wenn sie durch ‎unterschiedliche Einkaufspreise für Vormaterialien, bzw. eine dif‎ferenzierte Rabattgestaltung beim Verkauf verkompliziert wird. ‎Zur Vereinfachung ist es nach der sogenannten "Worst case-‎Methode" jedoch nicht zu beanstanden, wenn in der Präferenz‎kalkulation über einen angemessenen Zeitraum die schlechtestmögliche Konstellation nach der Verarbeitungsliste zu Grunde ‎gelegt wird. ‎
 
‎„Schlechtestmögliche Konstellation“ bedeutet, dass ‎

  • ‎der niedrigste kalkulierte Ab-Werk-Preis und ‎
  • ‎gegebenenfalls der niedrigste fakturierte Wert der Vormateria‎lien mit Ursprungseigenschaft, sowie der höchste fakturierte ‎Wert der VoU veranschlagt wird.‎

Beispiel: ‎40%-Wertregel‎
Lieferung 1:‎ AWP 1000 Euro VoU 250‎ Euro
Lieferung 2: ‎AWP 1100 Euro VoU 380‎ Euro
Lieferung 3:‎ AWP 1300 Euro VoU 399‎ Euro
 
Eine Worst-Case-Kalkulation würde hier von einem AWP von ‎‎1000 Euro und einem VoU von 399 Euro ausgehen, was die 40%-Regel er‎füllen würde.‎
 
Die Grundlagen der Worst-Case-Kalkulation sollten jährlich ‎aktualisiert werden.‎
 
Eine Kalkulation auf Basis von Durchschnittspreisen auf der ‎Basis unterschiedlicher Preisgestaltungen (Ausnahme: APS-‎Schema mit Entwicklungsländern) ist im Gegensatz dazu nicht ‎zulässig.‎
 
Alle Angaben ohne Gewähr!

Text: Axel Sir, IHK Schwaben axel.sir(at)schwaben.ihk.de