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Corporate Responsibility: "Fangen Sie einfach an!"

Philipp Bleckmann aus der Geschäftsstelle Deutsches Global Compact Netzwerk ist spezialisiert auf menschenrechtliche Sorgfalt in Unternehmen. Wie ein bayerisches Unternehmen CSR verankern kann, hat er Redakteurin Cornelia Schmidmeier verraten.

Philipp Bleckmann von Global Compact im CSR-Gespräch

Es kusieren zahlreiche Defintionen von „Corporate Social Responsibility“, doch was verstehen Sie darunter?
 

Die Begrifflichkeiten sind tatsächlich verwirrend, was damit anfängt, dass wir selbst gar nicht von „CSR“ sprechen. Lieber beschäftigen wir uns mit „Unternehmerischer Verantwortung“ oder „Corporate Responsibility“. Als maßgeblich sehen wir hier die Bereitschaft eines Unternehmens, sich in einer Art „verantwortlich“ zu zeigen und das Nachhaltigkeit in die Kernprozesse des Unternehmens integriert wird! Es geht nicht um philanthropische Maßnahmen wie die Unterstützung eines Kindergartens, ebenso wenig reden wir über reine Compliance mit Gesetzen: Stattdessen möchten wir, dass Menschenrechte, Arbeitsnormen, Umwelt & Klima sowie Integrität im Unternehmen und der Lieferkette verankert werden – und zwar oftmals auch über die gesetzlich geforderten Maßnahmen hinaus.

Die Frage ist, „Wie wird das Geld verdient?“, nicht, „Wie werden die Gewinne ausgegeben?“. Oder, anders ausgedrückt: Das Unternehmen soll keine zusätzlichen Aktivitäten zu seinem normalen Geschäftsbetrieb etablieren, sondern seinen normalen Geschäftsbetrieb anders, eben nachhaltiger, gestalten.

Wie sind Sie mit dem Thema CSR in Berührung gekommen? Was hat Sie persönlich dazu bewegt, in dem Bereich zu arbeiten?

Ich bin überzeugt davon, dass wir nur durch den Beitrag der Wirtschaft den Weg zu einer nachhaltigeren und gerechteren Welt gestalten können. Es tut sich unheimlich viel in diesem dynamischen Themenfeld: Verbraucher, Investoren, Zivilgesellschaft und auch der Gesetzgeber sorgen dafür, dass es ständig neue Impulse gibt. In zehn Jahren werden wir nicht mehr darüber reden, ob es für Unternehmen sinnvoll ist, sich mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen – ohne die Wahrnehmung ihrer sozialen und ökologischen Verantwortung werden Unternehmen keine Daseinsberechtigung am Markt mehr haben!

Wo sehen Sie aktuell die bedeutendsten Herausforderungen für „Corporate Social Responsibility“, theoretisch wie praktisch?

Wir sehen zwei große Herausforderungen für Unternehmen. Unabhängig davon, ob wir uns mit sozialer oder ökologischer Nachhaltigkeit beschäftigen, erfordert erstens die Integration in die Kernprozesse des Unternehmens jeweils die Umsetzung komplexer Veränderungsprozesse. Es geht eben nicht um ein „Add-on“, sondern um die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in Einkaufsprozesse, um die energieeffizientere Gestaltung der Logistik oder eine diskriminierungsfreie Personalpolitik. All dies erfordert vom Unternehmen eine hohe Veränderungsbereitschaft, die sowohl auf Führungs- als auch auf Fachebene nicht immer selbstverständlich ist. Zweitens stellt die nachhaltige Gestaltung der Lieferkette die Unternehmen regelmäßig vor größere Herausforderungen. Unternehmen haben oftmals schon auf der ersten Stufe der Lieferkette hunderte oder tausende Geschäftspartner, die Verantwortung jedoch zieht sich bis zum Ab- oder Anbau der Rohstoffe. Hier gilt es also, möglichst frühzeitig zu priorisieren: Wo sind die Risiken am höchsten, wo kann ich gleichzeitig am meisten bewegen?

Netzwerke wie der Global Compact helfen dabei und setzen auf eine prozesshafte Bearbeitung der Themen: Niemand verlangt gleich die vollständige Kontrolle der Lieferkette, es geht darum sich schrittweise vorzuarbeiten.

Welchen Vorteil bringt CSR für Unternehmen?

Wir sehen zwei Hauptgründe, aus denen sich Unternehmen mit ihrer Verantwortung für Nachhaltigkeit auseinandersetzen. Der erste Grund ist, dass sie einen Beitrag leisten möchten zur gerechten Gestaltung der Zukunft: Klimawandel, soziale Ungleichheit und weitere globale Herausforderungen sind Themen, zu denen Unternehmen einen essentiell wichtigen Beitrag leisten können. Gleichzeitig rentiert sich das Engagement der Unternehmen zumindest mittelfristig auch materiell: Stabilere Lieferbeziehungen zu Geschäftspartnern, die frühzeitige Beschäftigung mit Regulierungen oder die Anforderungen von Investoren gehören hier zu den wichtigsten Gründen. Nicht zuletzt ist es für viele Unternehmen ein mittlerweile entscheidender Reputationsfaktor, sich am Markt als nachhaltiges Unternehmen zu positionieren.

Worauf müssen Firmen achten, die CSR bei sich verankern?

Entscheidend ist, unternehmerische Verantwortung tatsächlich in die Kernprozesse des Unternehmens zu integrieren. Das Verständnis und die Erwartung von Seiten der Öffentlichkeit, der Kunden und des Gesetzgebers ändert sich. Mit ein wenig „Nachhaltigkeits-Kosmetik“ ist es nicht mehr getan.

Wenn Sie dieses Verständnis bei sich im Unternehmen erreicht haben, steht einer Einführung erster Maßnahmen nichts im Wege: Viele Unternehmen haben ohnehin schon sinnvolle Prozesse etabliert, die prima weiterentwickelt werden können.

Viele unserer Teilnehmer, gerade aus dem Mittelstand, haben zunächst einmal viel Respekt vor der Aufgabe. Sobald sich jedoch die Beschäftigung mit unternehmerischer Verantwortung als prozesshafte Aufgabe herauskristallisiert und man erste Maßnahmen beginnt, folgen meist die nächsten Schritte ganz automatisch. Als sehr sinnvoll hat sich zum Beispiel zu Beginn eine Risiko- oder Materialitätsanalyse ergeben: Schauen Sie zunächst einmal, wo die für Ihre Branche und Ihr Unternehmen größten Risiken lauern. Dann priorisieren Sie, und schon sind Sie mittendrin!

Dazu gibt es viele Initiativen, bei denen man sich Hilfe holen kann. Neben spezialisierten Nachhaltigkeitsnetzwerken sind das mittlerweile oft auch die Industrie- und Handelskammern oder lokale Initiativen. Um es mit den Worten eines unserer Mitglieder zu sagen: „Fangen Sie einfach an!“