Bayern auf Platz 1 für Bulgarien

Seit 2019 ist Stefan Ionkov Wirtschaftskonsul Bulgariens beim Generalkonsulat in München mit Zuständigkeit für Bayern und Baden-Württemberg. Für sein Engagement in die Entwicklung und Vertiefung der deutsch-bulgarischen Wirtschaftsbeziehungen ist er 2022 von der AHK Bulgarien 2022 ausgezeichnet worden. Über die Aufgaben und Schwerpunkte seiner Arbeit sprach Karoline Rübsam vom Außenwirtschaftsportal weltweit erfolgreich.

Welche Aufgaben haben Sie genau als Wirtschaftskonsul für Bulgarien?

Der Schwerpunkt meiner Arbeit ist es,  den deutschen Unternehmen zu helfen, Bulgarien als Produktionsstandort für sich zu positionieren und eine effiziente Lösung für die aktuellen Herausforderungen der Unternehmen anzubieten: Kostenersparnisse zu generieren, Personalmangel zu lösen und weitere Innovationsmöglichkeiten mit unseren erfahrenen Spezialisten aufzufinden. Die Entwicklung und Vertiefung von neuen Partnerschaften zwischen bayerischen, baden-würrtembergischen und bulgarischen Firmen steht ebenfalls im Mittelpunkt. Ich unterstütze die Unternehmen beider Länder mit institutionellen und geschäftlichen Kontakten, damit sie gemeinsam erfolgreiche Partnerschaften schnell und effektiv aufbauen können.

Wie viele KMU aus Bayern haben Sie in den letzten Jahren bezüglich Bulgarien beraten?

Ein großer Teil der bayerischen Investoren in Bulgarien sind Mittelständler. Fast jeden Tag berate ich unterschiedliche Unternehmen und ich kann leider nicht eine konkrete Zahl nennen. Aber es gibt viele Erfolgsgeschichten. Während der schwierigen Coronazeit  2021 habe ich mit dem Team von FLIXBUS zusammengearbeitet und wir haben die Investition des Unternehmens in einem Knowledge-Hub für Bulgarien gewonnen. Hier war Bulgarien im Wettbewerb mit fünf anderen möglichen Standorten. Das Knowledge-Hub von FLIX in Sofia unterstützt das Unternehmen mit verschiedenen Tätigkeiten – Digitalisierung, Marketing und anderen Rolen. Damit werden 250 Arbeitsplätze geschaffen  in den nächsten Jahren.

Vor ein paar Jahren habe ich LEONI für die Gründung eines Produktionswerks in Bulgarien unterstützt. Die Investition betrug 32 Mio. Euro und hat 2.500 Arbeitsplätze geschaffen. Ich habe auch viele kleinere bayerische Firmen aus dem IT-Bereich wie AKDB, Sultzer GmBH, Catenate GmbH, die sich für Bulgarien als Entwicklungstandort entschieden haben, beraten. Weitere bayerische Firmen, die in Bulgarien investiert haben, sind MultiVac, Ingramm Micro, Grammer AG, LEONI, Siemens, Schiessl, PERI, Nemetschek, it-economics und viele mehr. Dieses Jahr habe ich einen Zulieferer von BMW betreut und das Unternehmen hat Bulgarien als Produktionsstandort ausgewählt.

Diese Reihe von bayerischen Investitionen führten dazu,  dass Bayern auf Platz 1aller deutschen Bundesländerauf der Liste der deutschen Handelspartner Bulgariens steht. Und Deutschland insgesamt ist Handelspartner Nummer 1 für Bulgarien mit einem beeindruckenden Handelsvolumen von 12 Milliarden Euro in 2022.

Welche Branchen sind für bayerische KMU besonders interessant bzw. Firmen welches Sektors haben in Bulgarien die besten Chancen, in Bulgarien Fuß zu fassen?

Zusätzlich zu der klassichen Vertretern der Automobilzuliefererindustrie, die sehr aktiv in Bulgarien sind, boomen der IT- und Digitalisieringssektor, der Softwareentwisklungssektor, der Outsourcingssektor und der R und D Sektor in Bulgarien. Gründ dafür ist, dass Bulgarien eine ausgezeichnete Ausbildung in Informatik und Mathematik bietet und das trägt zu einem großen Talent-Pool des Landes bei. Fast jeder Student beherrscht die englische Sprache. 

Im Bereich IT, Digitalisierung und Softwareentwicklung kann ich Commerzbank Digital Technology Zentrum Bulgarien, SAP, Schwarz IT, BOSCH Engineering und BOSCH IOT, Pro Sieben SAT 1, ATOS, Regiocom, ACRONIS, VM Ware, VISTEON, IBM, HP, DXC, SEEBURGER, u s.w. nennen. Viele Unternehmen entdecken Bulgarien nicht nur als Produktionsstandort sondern auch als Standort für Forschung und Entwicklung, auch wegen der Fachkräfte.Bulgarien ist etwa  Standort für R&D Tätigkeiten für Unternehmen wie FESTO, SUSE, SENSATA, NIDEC, BOSCH Engineering u s.w. Als eine beindruckende Erfolgsgeschichte im Outsourcing-Sektor kann ich Coca-Cola nennen. Das amerikanische Unternehmen hat Sofia für die Verwaltungstätigkeiten für ganz Europa ausgewählt. Sofia is auch Standort für die IT-Entwicklung des Unternehmns.

Seit langem ist Bulgarien traditionell eines der beliebtesten osteuropäischen Länder für die IT-Branche. Das INSAIT - Institut für Informatik, künstliche Intelligenz und Technologie in Sofia ist das erste seiner Art in Osteuropa und bietet Forschungseinrichtungen und -bedingungen von Weltklasse. INSAIT wurde in Partnerschaft mit der ETH Zürich und der EPFL, zwei der besten technischen Universitäten der Welt, gegründet, und wird von Spitzenwissenschaftlern aus einigen der besten amerikanischen, europäischen und israelischen Universitäten und Forschungslabors beraten und betreut.

Die Viefalt von Englisch- und Deutschsprachigen Gymnasien sind auch zwischen den Hauptvorteilen. 80% von allen bulgarischen Studenten sprechen fließend Englisch und größtenteils Deutsch. Zusätzlich zu den staatlich führenden Unis wie Sofia Uni und die Technische Uni gibt es auch private Ausbildungseinrichtungen wie Soft Uni, TELERIK Academy und viele mehr, wo sich die ergeizigen IT-Spezialisten Bulgariens ausgezeichnete Ausbildung auf TOP-Niveau bekommen. Die größten IT-Zentren Bulgariens sind Sofia, Plovdiv, Varna und Burgas, aber es gibt auch kleinere hidden Champions wie Stara Zagora, Veliko Tarnovo und Ruse.

Im November gibt es dazu den B2B Tag in der IHK München – zählt ICT zu dem aufstrebenden Sektor?

Das Thema wird von Clemens Baumgärtner, dem Wirtschaftsreferent der Landeshauptstadt München unterstütz, Ziel ist die Entwicklung im Bereich IT und Digitalisierung zwischen München und Sofia voranzutreiben. Wir haben uns geeinigt, dass die Brücke zwischen Bayern und Bulgarien durch ein Forum weiter verstärkt werden sein soll. 

Das B2B Forum Bayern-Bulgarien im Bereich IT und Digitalisierung wird am 9. November in der IHK Münchenstattfinden. Über 20 erfahrene bulgarische IT Unternehmen werden erwartete,  die Partnern aus Bayern in den Bereichen SaaS, Nearshoring, Fintech, AI und Innovationen suchen. Die Firmen aus Bulgarien und Bayern treffen im Rahmen eines Speed-Datings aufeinander, um direkte Kontakte zu knüpfen. 

2022 hat der ICT-Sektor in Bulgarien einen Umsatz von ca. 3.7 Milliarden Euro erreicht, was 25,9% Wachstum in Vergleich zu 2021 bedeutet. Mehr als 80% des Umsatzes kommt aus dem Export im Ausland. Die Zahlen zeigen eine beindruckende Entwicklung dieses Sektors. 2022 gab es ca 50.000 Softwareentwickler in Bulgarien und die Prognose zeigt, dass es 2026 über 79 000 sein werden.

2021 in Bulgarien wurden 370 neue Softwareentwicklungsfirmen gegründet. Das Lohnniveau des IT-Sektors in Bulgarien ist auf einer europäische Ebene, aber die Steuersätze sind niedriger. Die Unternehmen sind nur mit 10% Körpertschaftssteuer besteuert und der Steuersatz des Personaleinkommensteuers beträgt auch nur 10% Pauschalsteuer.

Auf was muss ein KMU achten, um erfolgreich in den bulgarischen Markt einzutreten?

Die passenden Kontakte zu finden ist einfach: Seit 2004 funktioniert die AHK-Bulgarien und die Bayerische Representanz vor Ort, die immer mit Tat und Rat an der Seite der Unternehmen zur Verfügung stehen.

Die AHK-Bulgarien ist die größte Auslandskammer in Bulgarien und vereinigt mehr als 600 Mitglieder, die eine deutsche Gemeinschaft formen. Darüber hinaus ist die direkte Verbindung mit den Ausbildungsinstitutionen, den Unis und den Akademien immer ein Plus. Die entsprechenden Instutituionen wie das Ministerium für Wirtschaft und Industrie, das Ministerium für Innovatinen und Wachstum, die Investitionsförderungsagentur und selbstverständlich die Wirtschafts- und Handelsabteilung des Generalkonsulats in München stehen jederzeit für die bayerischen Unternehmen gern zur Verfügung.  Unsere Hautpaufagebe ist den Investoren von Anfang an bis zum Start und nach dem Start, tatkräftig zu unterstützen.

Welche Hürden gibt es zu beachten?

Bulgarien gilt immer noch als ein Land mit niedrigen Arbeitskosten, das ausländische Investoren anzieht. Dieses Image gilt jedoch nicht für die High-Tech-Bereiche - IT, hochspezialisierte Technik, High-Tech-Verarbeitung von Rohstoffen usw. Daher würde ich Investoren insbesondere in diesen Bereichen, raten, den beschäftigten hochqualifizierten Fachkräften eine angemessene Bezahlung und angemessene Arbeitsbedingungen zu bieten. Sie sollten auch die bestehenden Wettbewerbsbeziehungen mit anderen Investoren oder bulgarischen Unternehmen berücksichtigen.