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"Hoffnungsträger Lateinamerikas" trotz Farc-Guerilla?

Kolumbien hat die meisten anderen Volkswirtschaften Lateinamerikas mit einem Wachstum von bis zu sieben Prozent pro Jahr seit 2000 überflügelt, auf der anderen Seite ist der Terror der Guerillagruppierung Farc scheinbar allgegenwärtig. Thomas Voigt, Hauptgeschäftsführer der AHK Kolumbien, hat mit mit Auwi-Redakteurin Cornelia Schmidmeier über Chancen und Risiken im Land der Gegensätze gesprochen.

 

Der kolumbische Markt ist in Bayern ein noch wenig bekannter Markt. Können Sie die wirtschaftliche Situation kurz beschreiben?

Ganz so unbekannt scheint Kolumbien gar nicht mehr zu sein in Bayern. Mehrere Dutzend bayerische Unternehmen sind schon lange mit Niederlassungen und Vertretern in Kolumbien aktiv. Das betrifft Firmen wie Allianz, die größte Versicherungsfirma in Kolumbien mit weit über 10.000 Mitarbeitern, BMW, MAN, Linde, Krauss Maffai oder Siemens. Aber auch Mittelständler wie Knauf, Schäffler, Rohde und Schwarz, Sunset Solar.

Jedes Jahr – und in letzter Zeit immer mehr – berät die AHK Kolumbien bayerische Unternehmer, die hier den Markteinstieg suchen. Zum Beispiel beim Exporttag in München am 24. November oder bei Messen in Kolumbien, wo wir Gemeinschaftsstände organisieren. Gerade jetzt auf der Meditec oder auch im Oktober auf der Industriemesse FIB werden wir wieder bayerische Unternehmer erwarten. Aber, Sie haben Recht: den kolumbianischen Markt kann man in Bayern noch viel bekannter machen. Wir haben dazu vor knapp einem Jahr einen Roundtable der bayerischen Unternehmen in Kolumbien gegründet. Beim ersten Mal waren knapp 20 Vertreter dabei.

Kolumbien lohnt sich: Das BIP stieg letztes Jahr um 3,1 Prozent, was weit über dem Wachstum der gesamten Region Lateinamerika und Karibik – das 2015 bei minus 1,5 Prozent lag – herausragt.

Deutschland ist der 4. größte Lieferant für Kolumbien und der 8. größte Abnehmer kolumbianischer Waren. Und bayerische Firmen spielen dabei eine wesentliche Rolle.

Bei Kolumbien denken viele zuerst an die Angriffe der FARC-Rebellen. Wie sicher sind deutsche Mitarbeiter und deutsche Investitionen in Kolumbien wirklich?

Das Sicherheitsthema ist natürlich immer noch präsent, wenn man über Kolumbien spricht. Obwohl sich die Situation in den letzten vielleicht zehn Jahren deutlich verbessert hat. Heutzutage kann man praktisch davon ausgehen, dass die großen Städte – und damit die Wirtschaftszentren des Landes – frei von FARC und anderen Terrormilizen sind. Auch wenn Kolumbien vielleicht nicht so sicher wie Teile von Deutschland ist, im lateinamerikanischen Rahmen hat es derzeit einige der sichersten Großstädte.

Die Unterzeichnung des Waffenstillstands zwischen Regierung und FARC in der letzten Woche und die baldige Unterzeichnung eines Friedensabkommens noch dieses Jahr unterstützen die wirtschaftliche Entwicklung im ganzen Land zusätzlich.

Natürlich gibt es immer noch gravierende Probleme mit Bürokratie, Korruption, unzureichender Infrastruktur. Die Entwicklung insgesamt aber verläuft positiv.

Was hebt Kolumbien von seinen Nachbarstaaten ab? Wieso nennen viele das Land „Hoffnungsträger Lateinamerikas“ und ist diese Bezeichnung berechtigt?

Aus genau den gerade genannten Gründen: Kolumbien ist eines der sichersten und stabilsten Länder der Region. Als zweitgrößtes Land in Südamerika mit einem Binnenmarkt von knapp 50 Millionen Menschen – mehr als zum Beispiel Spanien – und seiner wirtschaftlichen und politischen Stabilität wird von Kolumbien auch in Zukunft ein Wachstumsimpuls für die ganze Region ausgehen. Kolumbien hat eine der am besten ausgebildetsten Bevölkerungen der Region. In seiner Wettbewerbsfähigkeit liegt es – laut IMD World Competitive Ranking - an dritter Stelle in Lateinamerika und bei Themen wie zum Beispiel Investorenschutz oder Leichtigkeit, eine Firma zu gründen, noch vor Deutschland.


Wie sollte ein bayerisches Unternehmen vorgehen, das sich für den kolumbianischen Markt interessiert? Welche Unterstützung bietet die AHK?

Kolumbien verspricht gute Geschäfte und gute Margen. Aber es ist kein einfaches Land, das man im Vorbeigehen mitnimmt. Wer wirklich will und bereit ist, sich langfristig mit Energie zu engagieren, ist hier gut aufgehoben. Die Auslandshandelskammer hat eine Reihe von Dienstleistungen – wie Geschäftspartnersuche, Firmengründung oder auch die Geschäftspräsenz, wo Neueinsteiger ohne große Investitionen auf Personal und Infrastruktur zurückgreifen können – die extrem hilfreich sind. Zu einer Erstberatung kann man mich gern anrufen: 0057-1-6513767 oder auf unserer Website Eindrücke gewinnen.

Ganz ehrlich: Lohnen sich Export nach und Investitionen in Kolumbien?

Circa zwei Milliarden US-Dollar Exporte nach Kolumbien beweisen ja, dass es geht. Und das Potential ist noch größer. Mit der weiteren Verbesserung der Sicherheitslage auch in der Fläche gibt es immer mehr Möglichkeiten und Bedarf für deutsche Waren. Die industrielle Basis Kolumbiens muss modernisiert und ausgebaut werden. Der Mittelstand ist an Konsumgütern interessiert. Die Infrastruktur soll mit über 24 Milliarden US-Dollar erneuert werden. Langfristige Investitionsentscheidungen muss man sicherlich gründlich prüfen. Extrem hohe Steuerbelastungen, ausufernde Bürokratie, Korruption im öffentlichen Bereich sind Themen, die das Land angehen muss, um für Investoren attraktiver zu werden.