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Im Gespräch: EU-Ratsvorsitz Rumänien

Am 01.01.2019 hat Rumänien für sechs Monate den Vorsitz des Rates der Europäischen ‎Union angetreten und kann damit die Schwerpunkte des Ministerrates bestimmen. Über die Ziele und die Wirtschaftslage des Landes hat das Auwi-Portal mit Kristina Mader, stellvertretende Leiterin der Europa-Referats an der IHK für München und Oberbayern, gesprochen.

Seit zwei Wochen hat Rumänien den Ratsvorsitz in der EU inne - zum ersten Mal seit seinem Beitritt zur Union 2007. Skizzieren Sie bitte kurz die Aufgaben und Funktionen, die die Ratspräsidentschaft mit sich bringt?

Hauptaufgaben des vorsitzenden Landes sind zum einen organisatorischer Natur: Rumänien wird zuständig sein für die Vorbereitung und Koordinierung der Treffen und Aufgaben des Europäischen Rates sowie des Rates der EU. Hierzu zählt auch, dass Rumänien in neutraler Position zwischen den Parteien vermittelt, sollte es zu Uneinigkeiten zwischen EU-Mitgliedstaaten kommen. Zudem vertritt der Vorsitz den Rat gegenüber den europäischen Institutionen. Insbesondere mit der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament steht der Ratsvorsitz im engen Kontakt. Dies bedeutet unter anderem: Zu Beginn der Präsidentschaft muss das Land dem EU-Parlament sowie dem Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Ausschuss der Regionen einen Arbeitsplan für das folgende Halbjahr vorlegen und am Ende der sechsmonatigen Präsidentschaft einen Bericht zu den erreichten Zielen ablegen. Daneben wird Rumänien auch Aufgaben repräsentativer Art übernehmen. Vor allem auf internationaler Ebene, beispielsweise bei Gesprächen mit Drittstaaten oder im Dialog mit internationalen Organisationen wie den Vereinigten Nationen oder in Zusammenarbeit mit der Kommission, der Welthandelsorganisation, vertritt die Ratspräsidentschaft die Europäische Union nach außen.

Welches sind die Schwerpunkte, die Rumänien gesetzt hat?

Die Ratspräsidentschaft Rumäniens steht unter dem Motto „Kohäsion, ein gemeinsamer europäischer Wert, verstanden als Einheit sowie Gleichbehandlung und Konvergenz.“ Hierzu hat Rumänien vier Hauptprioritäten festgelegt: Das Land steht für ein Europa der Konvergenz, ein sicheres Europa, ein Europa als starker globaler Akteur und ein Europa der gemeinsamen Werte. Genauer bedeutet das: Rumänien will zum einen während der Amtszeit die Themen Digitalisierung und Innovation vorantreiben und den Wettbewerb fördern. Dabei setzt sich das Land für gleiche Entwicklungsmöglichkeiten für alle Bürger/innen und Mitgliedstaaten ein. Rumänien legt einen klaren Fokus auf die Wirtschaftspolitik der EU. Zudem will Rumänien die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten im Kampf gegen den Terrorismus verstärken und die Widerstandsfähigkeit der EU gegenüber Cyber-Attacken verbessern, um Europa sicherer zu machen. Auch soll sich des Themas Migration angenommen werden und die Zusammenarbeit hierbei sowohl unter den Mitgliedsländern als auch mit den Ursprungsländern vorangetrieben werden. Eine weitere Priorität Rumäniens ist es, die Rolle der EU in der globalen Welt zu stärken. Im Rahmen dessen sollen unter anderem die Verteidigungsmöglichkeiten der EU gestärkt und die Partnerschaft zwischen der EU und der NATO intensiviert sowie der Handel mit Drittländern im Rahmen von Handelsabkommen unterstützt werden. Des Weiteren will Rumänien gegen Diskriminierung und Rassismus vorgehen und sich gegen die Verbreitung von Falschnachrichten einsetzen. Initiativen zur Förderung der der Gleichberechtigung, vor allem zwischen Mann und Frau, sollen unterstützt werden.

Ein Schwerpunkt wird die Wirtschaftspolitik sein. Wie ist die Wirtschaftslage in Rumänien?

Unter anderem Dank internationaler Unterstützung, beispielsweise durch die EU, hat Rumänien in den letzten Jahren ein deutliches Wirtschaftswachstum zu vermelden. Besonders 2017 hat das Wirtschaftswachstum deutlich zugenommen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist in diesem Jahr um 6,9 Prozent gestiegen. Den größten Teil davon erwirtschaftet Rumänien im Dienstleistungssektor. So trug dieser 2017 mit 62 Prozent zum BIP bei, gefolgt vom produzierenden Gewerbe und der Landwirtschaft. Doch trotz der höchsten EU-Wachstumsrate, bleibt Rumänien das zweitärmste Land der EU. Ein Grund hierfür könnte sein, dass Potenziale oftmals ungenutzt bleiben. Unter anderem werden EU-Fördermittel nicht immer zielgenau eingesetzt und Reformen zur Verbesserung der Infrastruktur nicht umgesetzt. Deutschland ist einer der wichtigsten Handelspartner Rumäniens. Allein aus Bayern gingen 2017 Exporte im Wert von 2,45 Mrd. Euro nach Rumänien. Importiert wurden Waren im Wert von 3,61 Mrd. Euro. Damit belegt Rumänien Platz 17 der wichtigsten Handelspartner Bayerns.

Welches ist die größte Herausforderung des EU-Ratspräsidentschaft im kommenden halben Jahr?

Der anstehende Brexit stellt die EU vor große Herausforderungen. Auch die Europawahl und die geplante Neuausrichtung der EU, fallen in die Zeit der rumänischen EU-Ratspräsidentschaft. Auch die Migrationspolitik bleibt weiterhin eine Herausforderung in den kommenden Monaten. +++ Karoline Rübsam