Erfolgreich in Norwegen: Tipps für deutsche KMU

Oslo (Dezember 2024) - Kjetil Kivle Pettersen ist Jurist bei der Deutsch-Norwegischen Handelskammer und unterstützt deutsche Unternehmen bei ihrem Einstieg in Norwegen. Im Gespräch mit dem Außenwirtschaftsportal Bayern stehen die steuerlichen Rahmenbedingungen Norwegens im Fokus, die besonders für kleine und mittlere Betriebe relevant sind.

Was macht Norwegen aus Ihrer Sicht zu einem attraktiven Markt für deutsche Unternehmen, insbesondere für kleine und mittlere Betriebe? Welche Chancen und Potenziale sehen Sie hier?

Die Steuerpflicht in Norwegen ist im Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Norwegen und Deutschland geregelt. Bei Bauprojekten entsteht eine Steuerpflicht durch die Etablierung einer Betriebstätte erst nach 12 Monaten. Eine „Betriebstätte“ ist eine steuerliche Fiktion, welche Norwegen das Recht gibt, 22 % des Gewinns zu besteuern.


Zudem geht es darum, einen guten, realistischen Plan zu haben. Wenn vorab geplant wird, dass der Bauauftrag z.B. 10-11 Monate dauern soll, ist meine Erfahrung, dass viele Unternehmen es am Ende nicht schaffen, den Auftrag innerhalb der 12-Monatsfrist zu beenden. Hier würde ich den Unternehmen gerne die Angst nehmen wollen: Einerseits ist die tatsächliche Steuerlast in Norwegen gar nicht so hoch, wie man in Deutschland vielleicht vermuten würde, und anderseits ist es auch keine doppelte Besteuerung, sondern lediglich eine Teilverlagerung etwaiger Gewinne.

Welche konkreten steuerlichen Pflichten kommen auf deutsche Unternehmen zu, sobald die Steuerpflicht in Norwegen greift?

Wichtig zu wissen ist, dass eine evtl. Steuerpflicht auf Unternehmensebene Auswirkungen auch auf Mitarbeiterebene hat. Mitarbeiter, die auf einer „Betriebstätte“ gearbeitet haben, werden in Norwegen auch (beschränkt) einkommenssteuerpflichtig, d.h. lediglich für die Arbeit, die auf einer Betriebstätte geleistet worden ist.

Für Unternehmen, deren Tätigkeit in Norwegen auf Dauer angelegt ist, kommt die Anwendung das Doppelbesteuerungsabkommen nicht in Betracht. Hier sind dann für die norwegische Geschäftstätigkeit z.B. ein kompletter Jahresabschuss und Körperschaftssteuererklärung zu erstellen und einzureichen.  

Wie unterstützt die AHK Norwegen deutsche Unternehmen bei der Klärung steuerlicher Fragen?

Die AHK Norwegen unterstützt deutsche Unternehmen bei allen Fragen zur Steuerpflicht und zur Registrierung vor Ort. Wir bieten individuelle Beratungen, helfen bei der Kommunikation mit den Steuerbehörden und begleiten Unternehmen durch den gesamten Prozess.

Aktuell haben wir z.B. viele Home-Office-Fälle, also Situationen, in denen der Mitarbeiter nach Norwegen umzieht und von Norwegen aus arbeitet. Wir prüfen dann unter anderem, ob es sich um eine sogenannte Hilfstätigkeit handelt oder ob die Arbeit ein Teil des Kernbereichs des Unternehmens ist. Für den letztgenannten Fall könnte dies wieder zu einer Betriebsstätte und der damit verbundenen Steuerpflicht für das Unternehmen führen.

Welche drei wichtigsten Tipps würden Sie deutschen Unternehmen mit auf den Weg geben, die in Norwegen erfolgreich und steuerlich sicher agieren möchten?

Erstens: Vor dem ersten Auftrag in Norwegen sollten mindestens zwei Monate vorab alle notwendigen Registrierungen gemacht werden.

Zweitens: Die Kosten der Registrierung, Vertretung usw. sollten Unternehmen mitkalkulieren.

Drittens: Die potenziellen Auswirkungen einer Betriebstätte in Norwegen sollten im Blick behalten werden.