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Im Gespräch: Neuer Leiter der Repräsentanz von Bayern Handwerk International in Pilsen
BHI: Herr Pulec, wie sind Ihre Ziele für die nächsten Jahre?
Mein übergeordnetes Ziel ist, die Nähe zu den bayerischen Handwerksbetrieben sicherzustellen, sie praxisnah zu beraten und die grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung zu erleichtern. Die Repräsentanz von BHI war nach der Wende die erste offiziell eröffnete Einrichtung der deutschen Wirtschaft in der damaligen Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik. Ziel war, die bayerisch-tschechische Nachbarschaft aufzubauen. Daran werde ich weiterarbeiten. Konkret: Der Austausch und die Netzwerke zwischen Bayern, Tschechien und der Slowakei sollen weiterentwickelt werden. Und auch das bayerische Handwerk muss seinen Stellenwert behalten. Mein Augenmerk ist darauf gerichtet, dass die grenzüberschreitende Dienstleistung die Hilfe und Unterstützung der Legislative der beiden Zielländer erhält. Dazu gehört die Vereinfachung der Bedingungen und der Hemmnisabbau bei der grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung.
BHI: Wie ist das Interesse bayerischer Handwerksunternehmen an Tschechien und der Slowakei?
Nach Angaben des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Energie und Technologie lag die Tschechische Republik im Jahr 2017 im Ranking der weltweit wichtigsten bayerischen Handelspartner auf Rang 5, mit einem Handelsvolumen von 20,95 Mrd. Euro. Davon entfielen auf die bayerische Ausfuhr 6,5 Mrd. Euro. Im ersten Halbjahr des Jahres 2018 gab es ein bayerisches Handelsvolumen von 7,36 Mrd. Euro, mit einer Ausfuhr aus Bayern von 3,43 Mrd. Euro. Die Konjunktur in Tschechien ist nach wie vor ungebremst. Zwei Drittel unserer Klienten exportieren keine Fertigprodukte, sondern ihre Dienstleistungen.
BHI: Wie viele Unternehmen pro Jahr beraten und unterstützen Sie und Ihre MitarbeiterInnen?
Wir haben im Jahr etwa 200 Beratungsfälle. Daneben bieten wir Seminare in Bayern an, die sich mit der Dienstleistungserbringung in Tschechien und in der Slowakei befassen. Außerdem sind wir an Projekten beteiligt, die zur Markterschließung beitragen, wie z. B. im Herbst 2018 die Informationsreise von slowakischen Einkäufern und Multiplikatoren nach Deutschland, die wir in Zusammenarbeit mit der Deutsch-Slowakischen Industrie- und Handelskammer organisieren. Das Projekt richtet sich an Handwerksbetriebe, die die innovativen und hochwertigen Produkte und Dienstleistungen im Bereich Holztechnologie anbieten. Und wir organisieren zusammen mit unserer Zentrale in Nürnberg alljährlich den bayerischen Gemeinschaftsstand auf der Internationalen Maschinenbaumesse in Brünn. Diese Messe ist die größte und auch die wichtigste im Bereich des Maschinenbaus in Mittel- und Osteuropa.
BHI: Worin unterscheiden sich Tschechien und die Slowakei als Zielmarkt für deutsche Unternehmen?
Die Zahl der Beratungen in Tschechien überwiegt, das ist durch die geografische Nähe zu Bayern bedingt. In den letzten drei Jahren wächst aber kontinuierlich das Interesse der bayerischen Betriebe am slowakischen Markt. Auch wenn noch vor kurzem für die beiden Länder die gleiche Legislative galt, weichen die Regelungen immer mehr voneinander ab. Einige Vorschriften sind in der Slowakei sogar schärfer und strenger als in Tschechien. Die Slowakei ist dagegen besser digitalisiert als Tschechien, im E-Government ist sie z. B. weiter als Tschechien.
BHI: Für welche Handwerksunternehmen sehen Sie in Tschechien und in der Slowakei die besten Chancen?
Ich würde folgende Bereiche hervorheben: Bau und Baunebengewerbe, Maschinenbau und Holz.
BHI: Welche Voraussetzung sollten diese Unternehmen unbedingt mitbringen?
Man kann zwei Gruppen von Betrieben identifizieren: Zur ersten Gruppe gehören kleine und mittelständische Unternehmen, die qualitativ hochwertige Arbeit leisten und sich an Innovationen orientieren. Zu der anderen Gruppe zähle ich kleine und mittelständische Unternehmen, die einem Generalunternehmer folgen. Größere Unternehmen, die nach Tschechien oder in die Slowakei expandieren, nehmen gerne ihre bewährten Subunternehmer mit. Die Unternehmen sollten im Hinterkopf behalten, dass neben den EU-Regelungen in einzelnen Ländern auch die nationalen Vorschriften gelten. Im Idealfall informiert sich der Betrieb bei uns bereits vor dem Vertragsabschluss über die gültigen Regelungen vor Ort. Denn, die Unwissenheit im Bereich der Außenwirtschaft und speziell bei der grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung kann ein sehr teurer Spaß sein. Am Schluss möchte ich noch gern erwähnen, dass ich der 3. Leiter der Repräsentanz Pilsen in ihrer 27. jährigen Geschichte bin und ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit bayerischen Handwerksbetrieben und tschechischen und slowakischen Behörden und Institutionen. Es ist mir eine große Ehre und auch eine große Herausforderung, die Leitung nach Frau Miroslava Tomanová zu übernehmen.
Das Interview führte Maria Weininger (BHI)
ruebsam