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Mit dem Global Business Network nach Kambodscha

Dr. Bianca Untied ist Beraterin für Entwicklungszusammenarbeit bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH. Im Interview spricht sie unter anderem über neue Geschäftsmöglichkeiten in Kambodscha.

Seit 2018 ist das Global Business Network Programm der GIZ in Kambodscha aktiv. Es ist der einzige Standort in ganz Asien: Warum gerade Kambodscha?

Das Global Business Network (GBN) Programm wird seit 2017 vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördert. Ziel des Programms ist es, die Zusammenarbeit zwischen lokalen, deutschen sowie europäischen Unternehmen und der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) zu stärken und neue Kooperationsansätze zu schaffen. Die Business & Cooperation Desks werden in den Ländern aufgebaut, in denen es besonders viel Potential für diese Zusammenarbeit gibt. Es handelt sich um ein globales Vorhaben, das Unternehmergeist mit nachhaltigem wirtschaftlichem und sozialem Engagement verbindet. Die GBN-Koordinatoren arbeiten dabei eng mit den Auslandshandelskammern und Delegationen der Deutschen Wirtschaft zusammen, die für die Region zuständig sind. Das erste Business & Cooperation Desk wurde 2017 in Äthiopien eröffnet, es folgten Standortöffnungen in Ruanda, Namibia, Côte d’Ivoire – und im letzten Jahr Kambodscha. Hier ist es beim Arbeitskreis Deutsche Wirtschaft (ADW) angesiedelt, der wiederum Gründungsmitglied der europäischen Handelskammer Kambodscha ist. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit ist schon seit mehr als 50 Jahren in Kambodscha tätig und es gibt ein erhebliches Potential zur Kooperation mit der deutschen und europäischen Wirtschaft. Deshalb Kambodscha.

Welche Möglichkeiten haben Unternehmen in Kambodscha? Welche Risiken gibt es?

Noch heute sind politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Auswirkungen der jüngeren Geschichte Kambodschas zu spüren. Aber die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen sind – gerade im regionalen Vergleich –  dennoch wirtschaftsoffen. Auch wenn Kambodscha mit rund 16 Millionen Einwohnern ein kleiner Markt ist, zeichnet er sich durch Wettbewerbsvorteile aus: Eine liberale Wirtschaftspolitik, diverse Investitionsanreize, eine junge und dynamische Bevölkerung und die Anbindung an internationale Seewege einschließlich des Tiefseehafens in Sihanoukville.

Die Wachstumsraten lagen in den letzten Jahren konstant bei sieben Prozent. Zudem basiert die Wirtschaft weitestgehend auf dem US-Dollar, was die finanzielle Planung erleichtert. Für die deutsche Wirtschaft ist Kambodscha bisher allerdings vor allem für den Handel relevant, Investitionen vor Ort werden noch überwiegend durch Unternehmen aus der Region getätigt, obwohl durchaus vielversprechende europäische Investitionen vorzufinden sind.

Investitionsnachteile ergeben sich bisher vor allem aus den vergleichbar hohen Energie- und Transportkosten, wobei hier aufgrund von Reformen und Investitionen, vor allem aus China, in den nächsten Monaten und Jahren immense Verbesserungen zu erwarten sind. Als Hemmnis gilt zudem der Zugang zu qualifiziertem Personal, und dies ist in der Tat ein Ergebnis der Geschichte. Die Ausbildung von Personal ist aber ein gutes Beispiel, wie die Entwicklungszusammenarbeit bayerische Unternehmen unterstützen kann, sei es über die bestehenden Netzwerke oder diverse Förderprogramme.

Wie kann Entwicklungszusammenarbeit einem bayerischen Unternehmer helfen, den Auslandsgang nach Kambodscha zu wagen?

Zum Beispiel beim Kennenlernen des Marktes: So erarbeiten wir gerade gemeinsam mit Germany Trade and Invest und der AHK Myanmar, die seit Anfang des Jahres einen Regionalkoordinator für Laos und Kambodscha hat, einen Marktführer, der Mitte des Jahres veröffentlicht werden soll. Mit dem Arbeitskreis Deutsche Wirtschaft stellen wir zudem vertiefte Sektorinformationen zur Verfügung. Über die Ko-Finanzierung nachhaltiger Pilotprojekte und den Zugang zu lokalen Netzwerken der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH vor Ort können Unternehmen den Schritt nach Kambodscha wagen – oder wie bereits erwähnt, Personal vor Ort qualifizieren. Wenn dann der Schritt in Richtung Investition erfolgen soll, kann die DEG - Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH über Darlehen, Garantien oder Mischfinanzierungen entwicklungspolitisch sinnvolle Projekte bayrischer Unternehmen in Kambodscha finanzieren. Zusätzlich zu den Finanzierungsangeboten bietet die DEG Beratung zum Projekt- und Risikomanagement sowie Finanzierungsmöglichkeiten für investitionsbegleitende Maßnahmen an, z.B. Sozial- und Umweltschutzaktivitäten oder die Qualifizierung von Personal. Und schließlich können Unternehmen von den vielfältigen Ausschreibungen profitieren, die aus der Entwicklungszusammenarbeit resultieren. Denn, viele Mittelständler sammeln erste Erfahrungen im Ausland durch den Export ihrer Waren. Und zu guter Letzt sei auf den EZ-Scout beim AWZ Bayern verwiesen, der Unternehmen vor Ort in Bayern ebenfalls beraten und mit dem Business & Cooperation Desk des GBN vernetzen kann.

Welche konkreten Geschäfts- und Kooperationsmöglichkeiten in welchen Sektoren gibt es?

Hohe Wachstumsraten, eine junge Bevölkerung, eine wachsende Mittelschicht, ein verbessertes Geschäfts- und Investitionsklima – Kambodscha bietet vielfältige Potentiale und hat zugleich Nachholbedarf. Es gilt als eine der letzten frontier economies in ASEAN und bietet genau deshalb diverse Geschäfts- und Kooperationsmöglichkeiten, letztlich in allen Sektoren: Sei es als Industrie- und damit Einkaufsstandort für arbeitsintensive Leichtindustrien mit Exportpotential, als Absatzmarkt für Konsumgüter, als Absatzmarkt von Technologien und Maschinen für die Agrarwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung, von Umwelttechnologien und von Produkten und Geräten der Gesundheitswirtschaft. Auch der Dienstleistungssektor bietet Nachholbedarf, vor allem im Tourismussektor und im Transport- und Logistiksektor. Und letztlich ist der Landwirtschaftssektor nach wie vor eine wichtige Säule der kambodschanischen Wirtschaft und bietet deutschen Importeuren von Agrarprodukten eine vielfältige Palette. Für alle Sektoren gilt:  Mut, Präsenz vor Ort, Ausdauer und Compliance vom ersten Tag an zahlen sich aus.

Was ist Ihre persönliche Motivation, in der Entwicklungszusammenarbeit zu arbeiten?

Als Geographin habe ich mich schon bedingt durch das Studium früh für fremde Länder, Kulturen und globale Verflechtungen interessiert. Die Entwicklungszusammenarbeit versucht, staatliche Strukturen zu verbessern, die wirtschaftliches Handeln erst ermöglichen. Denn letztlich ist eine gut funktionierende Wirtschaft die Grundvoraussetzung für die Entwicklung eines Landes: Durch wirtschaftliches Wachstum werden Arbeitsplätze geschaffen, das Einkommen der Menschen verbessert und Innovation vorangetrieben. Deshalb interessiere ich mich primär für die Arbeit an der Schnittstelle von Entwicklungszusammenarbeit und Privatwirtschaft.