Ukraine: Großer Wiederaufbaubedarf

Nürnberg (Februar/März 2024). In wenigen Tagen jährt sich der Ausbruch des Ukraine-Krieges zum zweiten Mal. Über die Lage und die Wirtschaftsfähigkeit des Landes haben wir mit Reiner Perau gesprochen. Er ist seit Januar 2023 Geschäftsführer der AHK Ukraine.

Wie hat sich die wirtschaftliche Lage der Ukraine in den letzten zwei Jahren seit dem Angriff Russlands entwickelt, insbesondere im Hinblick auf wichtige wirtschaftliche Indikatoren wie das Bruttoinlandsprodukt (BIP) und die Beschäftigungszahlen?

Die Wirtschaft ist im ersten Kriegsjahr natürlich deutlich geschrumpft. Ukrainerinnen und Ukrainer sind ins Ausland geflohen, Fabriken sind zerstört worden. Insgesamt ist die Wirtschaftsleistung des Landes  um knapp ein Drittel zurückgegangen. Im Jahr 2023 ist die Wirtschaft aber wieder deutlich - um etwa 5 Prozent - gewachsen. Damit wird auch der Arbeitsmarkt immer enger. Es wird zunehmend schwer, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden. 

Welche Auswirkungen hatten die Entwicklungen auf die Bedingungen für ausländische Investitionen in der Ukraine, und welche Maßnahmen wurden ergriffen, um das Vertrauen von Investoren zu stärken?

Für ausländische Investitionen sind die Rahmenbedingungen natürlich Gift. Für Investoren, die noch nicht im Land sind, muss das Risiko sehr hoch erscheinen. Unternehmen, die schon im Land aktiv waren, haben aber teils weiter investiert. Das gilt zum Beispiel für Bayer und die Firma Kreisel aus Bayern. Kreisel hat dabei das Instrument der Investitionsgarantie des Bundes genutzt, um das Risiko abzusichern.

Welche branchenspezifischen Entwicklungen sind in der Ukraine zu erkennen und gibt es Branchen, die besonders von den aktuellen wirtschaftlichen Bedingungen profitieren oder leiden? 

Interessant sind zum Beispiel erneuerbare Energien. Uns erreichen einige Anfragen von Projektentwicklern für Solar- und Windenergie. Interessant ist natürlich der Markt für Baumaterialien, gegeben den großen Wiederaufbaubedarf. Als neue Branche ist natürlich auch Wehrtechnik zu sehen. 

Welche konkreten Maßnahmen könnten aus Ihrer Sicht die Widerstandsfähigkeit der ukrainischen Wirtschaft  stärken und die Bedingungen für inländische und ausländische Investoren verbessern?

Mit Blick auf die aktuellen Herausforderungen an der polnisch-ukrainischen Grenze wäre es gut, wenn die EU-Länder die Ukraine konsequent unterstützen würden. Das beinhaltet natürlich Budgethilfe genauso wie offene Grenzen. Darüber hinaus ist alles, was für Investoren risikomindernd wirken kann, willkommen.

Link AHK Ukraine