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Ukraine: Orientierung Richtung Westen

Im Gespräch mit Alexander Markus, Chef der Deutsch-Ukrainischen Industrie- und Handelskammer:

 

Wenn sich einer auskennt mit und in Osteuropa, dann ist es Alexander Markus, seit 2012 Chef der AHK Ukraine. Der studierte Betriebswirt und Slawist beriet nach Stationen in Moskau und Berlin von 2006-2007 im Auftrag der Europäischen Kommission die Regierung der Ukraine. Anschließend gehörte er drei Jahre lang der Geschäftsführung der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer in Moskau an. Auwi-Portal Redakteurin Karoline Rübsam bat ihn nach einem Arbeitsfrühstück in der IHK Nürnberg für Mittelfranken zum Gespräch.

Wie ist das derzeitige Geschäfts- bzw. Investitionsklima in der Ukraine?

Es wird besser. In diesem Jahr erwarten wir ein zweiprozentiges Wirtschaftswachstum, wobei hier die Statistiken noch vorsichtig sind. Experten prognostizieren sogar noch mehr. Durch die Reformen der letzten Jahre hat sich das Klima deutlich verbessert. Das Mehrwertsteuersystem wurde reformiert, das Währungssystem stabilisiert. Die Ukraine ist sehr stark Richtung Westen orientiert, der Osten bzw. der Nachbar Russland mit seinen zunehmend willkürlichen Barrieren für den Handel aufgrund von technischen Regulierungen ist eher uninteressant. Die Ukraine hat somit gar keine andere Wahl, als sich gen Westen zu orientieren. Dies erfordert auch eine Anpassung an die hohen Qualitätsanforderungen, die die EU stellt. Für Investoren gibt es in der Ukraine inzwischen immer mehr interessante Bereiche.

Welche Bereiche sind das, welche Branchen sind viel versprechend?

Die Wirtschaft in der Ukraine hat sich in den letzten Jahren sehr verändert. Die Agrarwirtschaft war und ist Zugpferd in der Ukraine – vielen kennen ja den Begriff „Kornkammer Europas“. Jetzt entwickelt sich auch die verarbeitende Industrie stärker. Der Nahrungsmittelsektor ist viel versprechend. Darüber hinaus ist die Automobilzulieferung sehr gut entwickelt, vor allem durch ausländische Produzenten. Der Maschinenbau und die chemische Industrie ziehen inzwischen ebenso nach.

Welche Vorteile gibt es für deutsche Unternehmer?

Die Produktionskosten sind relativ gering. Außerdem gibt es keine langen Seewege, sondern eine direkte EU-Außengrenze und daher weniger logistische Schwierigkeiten. Zudem zeigt die Dezentralisierung positive Folgen, immer mehr rechtliche Probleme lassen sich direkt mit den Behörden vor Ort lösen. Auch die Mentalität ist ein erheblicher Vorteil: Die Ukrainer haben eher eine mediterrane Mentalität, vergleichbar mit der der Südeuropäer. Sie sind freundlich und angenehm im Umgang.

Welche Nachteile sehen Sie?

Immer noch das Problem mit der Korruption. Rechtssicherheit ist noch nicht komplett gegeben. Aber eine Justizreform ist geplant.

Welches sind die wichtigsten Aspekte, auf die ein deutscher Investor, der neu in die Ukraine kommt, achten sollte?

Keine Joint Ventures eingehen, sondern eine eigene Produktionsstätte oder einen eigenen Vertrieb gründen. Investoren sollen sich an ukrainisches Recht halten. Und von niemandem erzählen lassen, dass man mit der Zahlung von Bestechungsgeldern weiter kommt.