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Von Mexiko nach Bayern: Christian Weber
Sie sind nun seit gut einem halben Jahr Stellvertretener Geschäftsführer von Bayern International und von Ihrer vorherigen Funktion als Repräsentant des Freistaats Bayern in Mexiko wieder nach Bayern gewechselt. Was genau sind Ihre Aufgaben?
Als Stellvertretender Geschäftsführer und Prokurist unterstütze und vertrete ich unsere Geschäftsführerin Martina Maschauer bei den vielfältigen Aufgaben der Geschäftsführung. Eine strikte Aufgabentrennung haben wir dabei nicht. Manche Themen teilen wir auf, andere gehen wir gemeinsam an. Das Spektrum reicht von zentralen Aufgaben (darunter Berichtswesen, Organisation und Personal) über Kommunikation & Marketing bis zum Programm- und Projektbereich. Bei einem relativ kleinen Unternehmen wie Bayern International mit rund 50 Mitarbeitern werden etliche Vorgänge direkt von der Geschäftsführung bearbeitet.
Zum tagtäglichen Geschäft kommen in allen Bereichen aktuell mehrere „Großbaustellen“, bei denen eine übergreifende Koordinierung durch die Geschäftsführung erforderlich ist. Dazu zählen u.a. die Einführung eines neuen CRM oder die Anpassung der Strategie und der Formate in engem Austausch mit dem Wirtschaftsministerium.
Der Bereich Kommunikation & Marketing ist unmittelbar der Geschäftsführung zugeordnet. Hier arbeiten wir an einer stärkeren Verzahnung zwischen Marketing und Projekten in der Außenwirtschaftsförderung sowie dem Ausbau der Zusammenarbeit mit Invest in Bavaria. Im Projektbereich, insbesondere bei der Außenwirtschaft, koordiniert die Geschäftsführung die Programme und begleitet bereichs- und programmübergreifende Pilotprojekte.
Bayern International ist ein Vierteljahrhundert alt geworden heuer. Was konnten Sie von außen beobachten, was waren die schönsten und vielleicht weniger schönen Momente, die BI erlebt hat?
Ich begann meine Tätigkeit für Bayern International 2003 in der damaligen Projektgruppe Invest in Bavaria. Die Entwicklung von Invest in Bavaria zu einem Bereich von Bayern International, der gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium in der Investorenbetreuung und dem Standortmarketing Maßstäbe setzt, bin ich somit streckenweise selbst mitgegangen.
Den Ausbau der Programme und Aktivitäten und die Weiterentwicklung der Formate im Bereich Außenwirtschaftsförderung von Bayern International habe ich insbesondere in meiner Zeit als Repräsentant in Mexiko seit 2009 intensiv mitverfolgt. Die schönsten Momente bildeten für die Kolleginnen und Kollegen von Bayern International stets gelungene Projekte (z.B. Delegationsreisen, Messebeteiligungen; Veranstaltungen), mit denen bayerischen Unternehmen bei der Internationalisierung sichtbar und spürbar unterstützt werden konnten.
Die schwersten Momente waren diejenigen, bei denen das Engagement für die Unternehmen in Frage gestellt oder in der gewohnten Form nicht mehr möglich war. Spüren konnte man das schon einmal im Umfeld der Finanzkrise 2008. Der bisher härteste Schlag kam aber, als infolge der Corona-Pandemie im März 2020 abrupt die gesamte Reisetätigkeit und alle Präsenzveranstaltungen zum Erliegen kamen. Nach einer kurzen Schockstarre richtete man dann aber schnell den Blick wieder nach vorn und suchte gemeinsam mit Partnern Wege und Formen, um Unternehmen auch in diesem schwierigen Umfeld bei der Internationalisierung zu begleiten.
Die Zeiten sind für KMU nicht gerade rosig. Was sehen Sie momentan als größte Herausforderung für Bayern International?
Wie die KMU sieht sich auch Bayern International Umbrüchen gegenüber, die sich teilweise bereits vor der Corona-Krise abgezeichnet haben und durch sie verstärkt wurden. Extrem herausfordernd ist es, dass man sich derzeit mit allen Planungen und Aktivitäten in einem äußerst volatilen und unsicheren Umfeld bewegt.
Infolge der Corona-Pandemie wurden viele Präsenz-Projekte verschoben oder abgesagt. Die damit verbundenen Umplanungen führten zu einem erhöhten Arbeitsaufwand, was mangels unmittelbar realisierter Präsenz-Projekte Außenstehenden oft schwer zu vermitteln ist.
Um Unternehmen bei der Internationalisierung auch unter Pandemiebedingungen begleiten zu können, wurden digitale Formate entwickelt, deren Umsetzung häufig sehr aufwändig ist. Jetzt geht es nicht nur darum, diese Formate zu standardisieren, sondern gemeinsam mit den Unternehmen eine sachgerechte Kombination aus Präsenzveranstaltungen und digitalen Formaten zu finden. Dass Präsenz-Formate insbesondere bei Messen und Reisen auch künftig eine zentrale Bedeutung haben werden, wurde in den letzten Monaten deutlich.
Erfreulicherweise steigt derzeit die Zahl der Präsenzveranstaltungen insbesondere im Messebereich wieder an. Allerdings erfordert die anhaltende Pandemiesituation gerade bei Messen und Reisen umfangreiche Hygienekonzepte und damit einen höheren Aufwand. Angesichts äußerst begrenzter personeller Ressourcen stehen wir damit in der Außenwirtschaftsförderung vor der Frage, wie man Neuerungen voranbringen und gleichzeitig die bewährten Programme unter erschwerten Rahmenbedingungen umsetzen kann.
Und was sehen Sie als größte Herausforderung für Ihre Zielgruppe, den bayerischen KMU?
Bayern International ist selbst ein kleines Unternehmen und kennt einige der - mitunter nicht ganz neuen -Herausforderungen aus eigener Erfahrung: Gerade für KMU bringt die stetig steigende Zahl von Vorschriften einen hohen administrativen Aufwand mit sich. - Datenschutz und Arbeitsrecht oder aktuell Pandemieauflagen sind hier nur Beispiele. - Der sich verschärfende Fachkräftemangel verlangt nach Konzepten, wie man im Rahmen der jeweiligen Möglichkeiten als Arbeitgeber attraktiv bleibt.
Die unmittelbar größte Herausforderung stellt sicher die Corona-Krise dar. Sie brachte für viele KMU massive Einbrüche und vor allem dramatische Umbrüche im Geschäftsumfeld. Die Ursachen der Veränderungen reichen dabei oft in die Zeit vor Corona zurück und wurden durch die Krise verschärft. Von den KMU wird jetzt in besonderer Weise gefordert, was sie zugleich auszeichnet und immer ihre Stärke war: Innovation und Flexibilität für neue Produkte, neue Märkte und neue Geschäftspraktiken.
Im internationalen Wettbewerb sehe ich die größte Herausforderung darin, wie sich unsere KMU gegenüber weltweit agierenden Konzernen aus anderen Ländern positionieren können. Die innovativen und qualitativ hochwertigen Lösungen der bayerischen / deutschen KMU sind technologisch meist unschlagbar, aber gesucht werden oft nicht nur Technologien, sondern Geschäftsmodelle und Gesamtpakete. Und hier geraten KMU dann gegenüber Großkonzernen mitunter ins Hintertreffen.
Gibt es für Sie besondere Herzensangelegenheiten? Möchten Sie etwas grundlegend verändern oder Neues einführen bei Bayern International?
Ein Motiv für meinen Wechsel aus Mexiko nach Bayern war die Möglichkeit, an der Weiterentwicklung von Bayern International mitzuwirken. Dabei geht es darum, auf Bewährtes aufzubauen und sich auf neue Entwicklungen einzustellen, um die Zukunftsfähigkeit zu sichern.
Aus meiner Tätigkeit für Bayern International und als Bayerischer Repräsentant in Mexiko weiß ich um den Wert der erfolgreichen Programme der Außenwirtschaftsförderung. Mir wurde aber auch bewusst, dass die besondere Stärke der Förderung der Internationalisierung der bayerischen Wirtschaft in der engen Zusammenarbeit ihrer Akteure liegt. Daher ist es mir eine besondere Herzensangelegenheit, die Zusammenarbeit weiter auszubauen und zu stärken.
Dazu gehört es auch, Synergien zwischen den Programmen und Bereichen noch intensiver zu nutzen. Innerhalb der Außenwirtschaftsförderung ergänzen sich Messebeteiligungen, Delegationsreisen, Besuche aus dem Ausland (im Rahmen BFP) und weitere Veranstaltungen. Eine stärkere Verknüpfung auch über Kommunikation & Marketing kann hier zusätzliche Impulse bringen.
Und auch zwischen den beiden Geschäftsbereichen „Außenwirtschaftsförderung“ und „Invest in Bavaria“ gibt es ein Synergiepotenzial: Die Angebote der bayerischen Außenwirtschaftsförderung sind ein zusätzlicher Standortvorteil für Bayern und Wachstum auf Exportmärkten generiert Investitionen am Standort Bayern. In einigen Branchen und Ländern ergänzen sich die Werbung um Kunden bzw. Partner für bayerische Unternehmen und die Werbung um Investoren für den Standort Bayern.
Es gibt bewährte Programme, Bereiche und Kooperationen. Man kann hier aber manches noch systematisieren, intensivieren und so Synergien schaffen. Ziel ist es dabei nicht nur, effizienter zu werden, sondern die Angebote für die Unternehmen zu verknüpfen, und damit aus vielen guten Angeboten ein Gesamtpaket zu schnüren.
Was konnten Sie aus Ihrem vorherigen beruflichen Wirkungskreis aus Mexiko mitbringen, was Ihnen hier besonders hilfreich oder von Nutzen ist?
Meine Erfahrung aus der direkten Arbeit mit Unternehmen und die damit verbundene Kundenorientierung hatte ich schon von Invest in Bavaria in meine Tätigkeit als Repräsentant in Mexiko „mitgenommen“. Auch für meine neue Aufgabe ist dies sehr hilfreich, da die Programme und Projekte von Bayern International auf die Unternehmen und ihre Bedürfnisse bei der Internationalisierung ausgerichtet sind.
Als Repräsentant wirkte ich vor Ort und in ganz konkreten Projekten an der praktischen Umsetzung der Instrumente zur Förderung der Internationalisierung bayerischer Unternehmen mit. Diese Perspektive der praktischen Anwendung kann ich jetzt in die Gestaltung von Programmen und Prozessen einbringen.
Die lange Tätigkeit im Ausland und der damit verbundene Abstand hat meinen Blick für das Ganze und für Zusammenhänge geschärft. In einer Auslandsrepräsentanz läuft vieles zusammen, was in Bayern – oft aus guten Gründen - nach Programmen und Organisationen getrennt ist.
Die Vernetzung und Kooperation mit Partnern in Mexiko und Bayern bildete die Grundlage für meine Arbeit als Repräsentant. Diese Erfahrungen helfen mir bei der Arbeit innerhalb von Bayern International und der Zusammenarbeit mit unseren Partnern.
Als Repräsentant musste ich immer wieder die Kommunikation zwischen - nicht nur kulturell - recht verschiedenen Partnern gewährleisten, sondern auch häufig zwischen unterschiedlichen Positionen und Interessenlagen vermitteln – Aufgaben und Herausforderungen, die auch in meiner neuen Funktion nicht ausbleiben.
Welche Auslandsmärkte sehen Sie als vielversprechend für bayerische KMU?
Bei den großen Themenfeldern, die weltweit die Markttrends bestimmen, sind bayerische KMU mit ihren innovativen Lösungen gut aufgestellt. Hierzu zählen Umwelt und Energie, Mobilität, Digitalisierung, Industrie 4.0, Gesundheit – um nur einige zu nennen.
Der Weg zu einzelnen Ländern mit konkreten Kunden und Projekten ist aber meist nicht ganz einfach und sollte gut vorbereitet sein. Dort setzen die Angebote der bayerischen Außenwirtschaftsförderung an, die KMU unbedingt nutzen sollten.
Informationen, wie sie die das AWZ, die IHKn und weitere Partner anbieten, geben eine erste Orientierung über einzelne Märkte. Bei Veranstaltungen des bayerischen Außenwirtschaftsnetzwerks werden vertiefte Einblicke in ausgewählte Märkte vermittelt. Von Bayern International gibt es hier interessante neue Formate wie„Auf eine Brezn mit …“,wo Insider aus dem jeweiligen Markt berichten.
Die Programme von Bayern International sind auf interessante Zielmärkte für bestimmte Branchen und Anwendungsfelder ausgerichtet und erleichtern hier den Marktzugang: Im Rahmen von BFP kommen Fach- und Führungskräfte aus Ländern mit definierten Anwendungsbereichen nach Bayern. Messebeteiligungen und Delegationsreisen sind auf interessante Märkte fokussiert und bringen bayerische KMU dorthin.
Die Bayerischen Auslandsrepräsentanzen bieten eine systematische Orientierung und Begleitung in den einzelnen Ländern und können hier auf Rahmenbedingungen und Zielmärkte eingehen. Über das Programm „Go International“ besteht die Möglichkeit, einer Förderung von Marktstudien und anderer Beratungsleistungen.
Ich rate KMU zu einer systematischen Planung und Vorbereitung der Internationalisierung, die von den Produkten und ihren Anwendungsbereichen ausgeht und dann gezielt den Weg in dazu passende Länder sucht. Auf dem Weg dorthin bietet die bayerische Außenwirtschaftsförderung vielfältige Unterstützungsmöglichkeiten. Dazu zählen insbesondere auch die Angebote von Bayern International.