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Zuverlässiger Partner Dänemark

Kopenhagen (Juni 2023) - Das Außenwirtschaftsportal Bayern hat mit Andreas Wenzel gesprochen, seit 01.04.2023 neuer Geschäftsführer der Deutsch-Dänischen Handelskammer in Kopenhagen. Vor dieser Aufgabe wirkte er in Institutionen und Verbänden sowie Unternehmen stets im internationalen Kontext an der Schnittstelle zwischen Politik und Wirtschaft, zuletzt als geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Industrie- und Handelskammer in Marokko. Andreas Wenzel ist Diplom-Kaufmann und verfügt über einen Masterabschluss in African Development Studies.

Aus dem Fränkischen nach Marokko bis nun nach Dänemark in den Norden – kulturelle, geografische und wirtschaftspolitische Riesensprünge. Sind Sie gut oben im Norden angekommen oder vermissen sie etwas aus ihren früheren südliche Standorten?

Ich finde es spannend und insbesondere auch persönlich eine große Bereicherung, dank meiner beruflichen Laufbahn verschiedene Blickwinkel und Perspektiven auf die Welt kennen lernen und erleben zu dürfen. Es hilft, zu versuchen die Welt im Kontext zu sehen. Durch die ständige Übung des Perspektivwechsels gewöhnt man sich daran, Dinge gleichzeitig von innen wie von außen zu betrachten und nicht der allzu leichten Versuchung des Schwarz-Weiß-Denkens zu erliegen. Ich fühle mich nach wenigen Tagen in Dänemark bereits sehr wohl. Kopenhagen ist eine großartige Stadt, zum Arbeiten wie zum Leben. Aber natürlich ist bei einem Wechsel auch immer Wehmut dabei, das ist ganz natürlich. Spätestens im Winter werde ich dann sicher mal das marokkanische Klima vermissen. Ich freue mich aber sehr, in Dänemark zu sein und in den nächsten Jahren hier die Geschicke der AHK mitgestalten zu dürfen.

Wie steht es um die deutsch-dänischen Wirtschaftsbeziehungen? Welches Bundesland ist neben Schleswig-Holstein am meisten in Dänemark unternehmerisch tätig?

Dänemark ist für die deutsche Wirtschaft ein bedeutender Handelspartner, mit seinen knapp 6 Mio. Einwohnern liegt es auf Rang 16 der weltweit größten Exportmärkte der deutschen Wirtschaft. Deutsche Unternehmen exportierten 2022 Waren und Dienstleistungen im Wert von 23,4 Mrd. Euro, zugleich importierte die deutsche Wirtschaft im Wert von 15,8 Mrd. Euro aus Dänemark. In den letzten Jahren sehen wir eine sehr positive Dynamik, die sich aus den beiden großen Themen Energie sowie Digitalisierung speist. Gleiches trifft auf Investitionstätigkeit in beide Richtungen zu, wobei es interessant ist zu sehen, dass dänische Unternehmen einen höheren Investitionsbestand in Deutschland haben als umgekehrt deutsche in Dänemark. 2021gehörten dänische Unternehmen zu den Top-10 Investoren in Deutschland. In den Wirtschaftsbeziehungen mit Dänemark spielen die nördlichen Bundesländer aufgrund der Geografie klar eine besondere Rolle. Bei den deutschen Exporten nach Dänemark liegt aber Nordrhein-Westfalen ganz vorne, vor Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Bayern und Baden-Württemberg. Dänemark ist also nicht nur zuverlässiger Partner für Norddeutschland, sondern für die gesamte deutsche Wirtschaft, dazu noch mit einer herausragenden Perspektive in den oben kurz benannten Zukunftsbranchen.

Was sind die größten Herausforderungen für Sie?

Bei so einem Umzug, gerade auch von einem anderen Kontinent, müssen wir als Familie mit Kindern natürlich zuerst die Familienstruktur mit Wohnen, Schule, soziales Umfeld usw. in die neuen Bahnen lenken. Es geht ja nicht nur um mich, auch die Familie muss sich im neuen Umfeld zurechtfinden und wohl fühlen. Meine persönliche Herausforderung Nummer 1 ist dann sicher das Erlernen der dänischen Sprache. Das wird sicher eine interessante Erfahrung auf die ich mich freue. Mit Blick auf die Tätigkeit an der Kammer habe ich den Anspruch die Weiterentwicklung der Kammer und ihres Netzwerks grundlegend mitzugestalten und in der Folge auch die deutsch-dänischen Wirtschaftsbeziehungen noch stärker nach vorne zu bringen. Hier gibt es mit Sicherheit viele spannende Themen wie bspw. eine stärkere Fokussierung auf Themen und Sektoren, eine Intensivierung der politischen Interessensvertretung oder auch andere Ideen. Da ist es aber noch zu früh ins Detail zu gehen. Das ist ein Prozess der gemeinsam mit dem Vorstand und dem Team der Kammer entwickelt und umgesetzt wird. Aber natürlich bringe ich hier Erfahrungen mit, die gerade, weil sie aus anderen regionalen Kontexten stammen sicher auch interessant sein werden.

Warum sollte ein deutsches Unternehmen in Dänemark tätig werden, welche sind die Vorteile, welche die Nachteile?

Dänemark ist zwar ein eher kleinerer, aber sehr kaufkräftiger Markt. Zudem stehen Qualität und Hochtechnologie hier im Norden im Fokus. Unser nördlicher Nachbar hat eines der attraktivsten Geschäftsklimas weltweit, Behördengänge sind digitalisiert, die Gesellschaft zeichnet ein hohes Maß an Vertrauen aus. Fast alle Dänen sprechen fließend English und viele haben gute Deutschkenntnisse. Deutsche Unternehmen haben einen guten Ruf in Dänemark, und nicht zuletzt die geografische Nähe macht es einfacher, Geschäfte miteinander zu machen. Dänemark ist selbst in vielen Branchen weit vorne, wie z.B. bei Energie, Cleantech, Life Science, KI, aber auch der Lebensmittelindustrie. Wenn man als Unternehmen in diesen Bereichen tätig ist, gibt es in Dänemark gute Marktchancen und Chancen auch Partner für Drittmärkte zu finden. Dänemark kann darüber hinaus im Rahmen einer Regionalstrategie als Tor nach Skandinavien dienen. Die Inbetriebnahme des Fehmarnbelttunnels 2029 wird ohnehin die Geografie zugunsten Dänemarks und der Region Seeland deutlich verschieben.

Trotzdem gibt es auch Herausforderungen, wenn man als deutsches Unternehmen in Dänemark Geschäfte machen möchte. Die Geschäftskultur ist anders; man sollte sich trotz der Nähe genau mit den Rahmenbedingungen auseinandersetzen. Als Deutsch-Dänische Handelskammer sind wir sehr gerne Partner für deutsche Unternehmen, die nach Dänemark exportieren wollen oder darüber hinaus Aktivitäten entwickeln wollen. Wir informieren über Marktverhältnisse, vermitteln Geschäftskontakte, organisieren Studienreisen und bieten die Teilnahme an Exportförderprogrammen an. Wir beraten deutsche Unternehmen bei allen deutschen, dänischen und grenzübergreifenden juristischen Fragestellungen und übernehmen für deutsche Unternehmen auch die Lohn- und Finanzbuchhaltung.

Deutschland und Dänemark haben sich Ende März darauf geeinigt, den gemeinsamen Bau einer landbasierten Wasserstoffinfrastruktur voranzubringen. Haben Sie als AHK dazu konkrete Projekte in der Pipeline?

Wir haben bereits in den letzten Jahren einen Fokus auf den Energiebereich gelegt und können hier vieles an Expertise und Netzwerk vorweisen. Im Rahmen des German-Danish Hydrogen Network bringen wir beim Thema Wasserstoff wesentliche Akteure zusammen und miteinander ins Gespräch. Hier werden wir noch in diesem Jahr neue Formate und Konzepte vorstellen um den Austausch sowie die Kooperation zu fördern. Beim Thema Energie und Klima gibt es sehr große Chancen für die deutsche wie die dänische Wirtschaft, nicht nur in unseren beiden Ländern, sondern auch darüber hinaus auf Grundlage der gemeinsamen Erfahrungen bei Projekten weltweit. Das beginnt bereits im Kontext der Nordsee wie nicht zuletzt vor wenigen Wochen der Gipfel und die Erklärung von Oostende zeigten. Wir verfolgen ans diesem Beispiel im Kontext der Nordseeanrainer gemeinsam mit anderen AHK-Standorten auf Initiative unserer Kolleg:innen in Norwegen die Idee, länderübergreifende Aktivitäten zu initiieren und Geschäftsmöglichkeiten schnell zu identifizieren und zu begleiten.

Welche Ziele haben Sie sich für die AHK und für den Ausbau der deutsch-dänischen Handelsbeziehungen vorgenommen?

Ich denke, dass wir in beiden Ländern das Bewusstsein dafür stärken müssen, dass wir nicht nur aktuell wichtige und verlässliche Wirtschaftspartner füreinander sind, sondern dass wir gemeinsam in vielen Zukunftsbereichen großes Potenzial heben können. Gerade im Kontext der aktuellen geopolitischen Situation existieren bei allen Herausforderungen große Chancen die für Dänemark wie Deutschland gleichermaßen bedeutend sind. Allen voran bei der Versorgung mit grüner Energie, der Transformation hin zu nachhaltigem Wirtschaften, der Digitalisierung, Automatisierung und bei Künstlicher Intelligenz, sowie dem Ausbau der Infrastruktur im Norden Europas und der Schaffung einer gemeinsamen Zukunftsregion mit Dänemark und Kopenhagen als Herzstück. Wir möchten als AHK diese Geschichten gemeinsam mit unseren Partnern aktiv entwickeln und zum Leben erwecken. Wir möchten die Deutsch-Dänische Handelskammer damit im Zentrum dieser Zukunftsthemen im Interesse der deutsch-dänischen Wirtschaftsbeziehungen verankern, eine positive Vision der gemeinsamen Zukunft mitentwickeln und als zentrale Plattform der Ansprechpartner für deutsche wie dänische Unternehmen in beide Richtungen sein. Ansprechpartner sowohl als moderner wie effizienter Dienstleister als auch in der politischen Interessensvertretung.