Afrika: 54 Länder
Afrika könnte nach Expertenmeinung einer der großen Zukunftsmärkte für die bayerische Wirtschaft werden. Nun nennt eine ifo-Studie im Auftrag des Bayerischen In-dustrie- und Handelskammertags (BIHK) die aussichtsreichsten Staaten des Kontinents für bayerische Exporte und Investitionen. An die Spitze aller 54 afrikanischen Länder setzen sich nach einer Analyse volkswirtschaftlicher und politischer Faktoren Südafrika, Botswana, Mauritius, Kenia, Marokko, Tunesien und Ghana. Nur elf Länder erreichten gleichzeitig in beiden Kategorien Werte über dem afrikanischen Durchschnitt.
Umfassende Beurteilung schwierig
„Alle Länder Afrikas nach ihrer Eignung für unternehmerisches Engagement zu beurteilen, das können bayerische Mittelständler nur schwer leisten“, sagt Manfred Gößl, BIHK-Hauptgeschäftsführer. „Mit dieser einzigartigen Analyse sowie den im Atlas enthaltenen Länderprofilen wollen wir den Unternehmen die Entscheidung für ein Afrika-Engagement erleichtern“, so Gößl weiter. Der BIHK-Chef sieht großes Wachstumspotenzial für die bayerische Wirtschaft in Afrika: „Im Jahr 2018 gingen erst 1,3 Prozent aller Exporte aus dem Freistaat nach Afrika – das entspricht den bayerischen Warenausfuhren in die Slo-wakei.“ Weltweit exportierte Bayern im Vorjahr Waren im Wert von 191 Milliarden Euro.
Afrika immer bedeutender
„Afrika wird als Absatz- und Beschaffungsregion immer bedeutender – weltweit hat Afrika nach Asien seit der Jahrtausendwende die höchsten Raten des Wirtschaftswachstums. Im Afrika-Atlas haben wir die Verlässlichkeit staatlicher Institutionen und die wirtschaftliche Bedeutung eines Marktes als zentrale Kenngrößen untersucht, um das Potenzial einzelner Länder zu beurteilen“, erläutert Professor Oliver Falck, Chef des ifo Zentrums für In-dustrieökonomik und neue Technologien und Leiter der Studie.
Sechs Ländercluster
Die ifo-Wirtschaftswissenschaftler haben anhand der Kategorien sechs Ländercluster gebildet, von denen nur drei generell positive Rahmenbedingungen bieten. Regionale Muster ergaben sich nicht. Zu den Ländern mit den schlechtesten Aussichten gehören Eritrea, Südsudan und Somalia. Falck unterstreicht, dass die Firmen besondere Vorsicht bei der Auswahl von Lieferländern, etwa für Rohstoffe, walten lassen müssen. „Das Einhalten international verbindlicher Standards bei der Lieferkette ist in einem Großteil der afrikani-schen Länder nur mit einem spürbaren Mehraufwand möglich“, so der ifo-Experte.
Ein weiteres Ergebnis der Analyse ist, dass der zunehmende chinesische Einfluss in Afrika kein Hinderungsgrund für bayerische Engagements ist. Es liege im Eigeninteresse der afrikanischen Staaten, ein Gegengewicht zur chinesischen Dominanz zu schaffen. Außerdem profitierten Deutschland und Bayern vom hervorragenden Ruf ihrer Exportwaren.
Afrika steht derzeit stark im Fokus der deutschen und bayerischen Wirtschaftspolitik: Der Freistaat Bayern zieht morgen eine Zwischenbilanz seines Afrikapakets, das nach der Afrika-Reise von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) im April dieses Jahres aufgelegt wurde. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) empfing vergangene Woche Regierungsvertreter afrikanischer Staaten zu einer Investorenkonferenz in Berlin.
Der Afrika-Atlas ist der zweite Teil der im April 2019 vorgestellten und ebenfalls vom BIHK beauftragten ifo-Studie „Wachstumsmärkte in Afrika für die bayerische Wirtschaft – Politische Handlungsfelder“. Als Ergebnis dieser Studie forderte der BIHK, dass bestehende Hilfeprogramme für Afrika besser aufeinander abgestimmt werden, insbesondere beim Thema Fachkräfteentwicklung. Zum Ankurbeln der Wirtschaftsbeziehungen mit Afrika seien außerdem mehr Hilfen zur Absicherung und Finanzierung von Exportgeschäften notwendig. Ohne staatlich geförderte Instrumente könnten viele Mittelständler ein Afrika-Geschäft kaum realisieren, da es keine wirtschaftlich tragbaren Alternativen zur Risikoabsicherung gebe. Der BIHK begrüßte auch die Eröffnung einer bayerischen Repräsentanz in Addis Abeba im April dieses Jahres.