Der Text ist zuerst in der Ausgabe 07/2024 des IHK-Magazin „Wirtschaft in Mainfranken“ (IHK Würzburg-Schweinfurt) erschienen.
WiM: Herr Hauser, warum ist gerade Mexiko jetzt ein interessanter Markt für deutsche Unternehmen?
Hauser: Das Land ist als Produktionsstandort und als Absatzmarkt attraktiv. Das haben bereits rund 2.100 deutsche Firmen erkannt, die im Land präsent sind. Die Zahl hat sich übrigens seit der Jahrtausendwende verdoppelt, was der beste Beleg für die Attraktivität ist.
Ganz aktuell spielt das Thema „Nearshoring“ eine wichtige Rolle. Mexiko gehört zu den Ländern, die am stärksten davon profitieren, dass Produktionsstandorte näher an die großen Abnehmermärkte verlagert werden, um die Lieferketten im Krisenfall widerstandsfähiger zu machen. Mexiko und die USA teilen eine über 3.000 Kilometer lange Grenze, über die schon heute täglich Produkte im Wert von 2 Milliarden US-Dollar hin- und hergehen, was wohl weltweit einmalig ist. Und die Tendenz ist weiter steigend. Attraktiv macht Mexiko natürlich auch die Integration ins nordamerikanische USMCA-Abkommen mit den USA und Kanada. Das ist besonders für die Automobilindustrie interessant, die bei Einhaltung der Ursprungsregeln zollfrei in die beiden Partnerländer exportiert. Nicht zuletzt deswegen ist Mexiko der siebtgrößte Pkw-Produzent und der viertgrößte Hersteller von Autoteilen. Audi, BMW, Mercedes und Volkswagen haben Produktionsstätten, und natürlich sind auch zahlreiche Zulieferfirmen hier.
Auch wenn das Auto sozusagen der Motor in den deutsch-mexikanischen Wirtschaftsbeziehungen ist, gibt es darüber hinaus natürlich weitere Branchen, in denen deutsche Firmen stark vertreten sind. Etwa die Elektrik- und Elektronikbranche, die Chemie- und Pharmaindustrie oder die Logistik.
WiM: ... und wie sieht es mit dem Absatzmarkt aus?
Hauser: Traditionell finden Hersteller von Maschinen, Spezialwerkzeugen und Gesundheitsprodukten einen attraktiven Markt vor. Auch für Konsumgüter ist der Markt mit 130 Millionen Konsumenten interessant, zumal es eine wachsende Mittelschicht und eine sehr kaufkräftige Oberschicht gibt, wie es für Schwellenländer typisch ist.
Im Jahr 2023 legte der deutsch-mexikanische Handel um fast 14 Prozent auf 29 Milliarden Euro zu, Mexiko liegt im Ranking der deutschen Handelspartner auf Platz 24. In Lateinamerika ist das Land Deutschlands wichtigster Handelspartner; umgekehrt ist Deutschland Mexikos wichtigster Handelspartner in der EU. Wenn das aktualisierte Freihandelsabkommen zwischen Mexiko und der EU in Kraft tritt, dürfte Mexiko noch attraktiver werden, etwa für deutsche Lebensmittelhersteller.
WiM: Vertriebsstrukturen sind ein zentrales Element für den Geschäftserfolg. Welche Unterstützung kann die AHK Mexiko hierbei bieten?
Hauser: Wir unterstützen Firmen aus Deutschland von der Vermittlung erster Geschäftskontakte über die Vertretersuche bis zur Suche des geeigneten Standorts in jeder Phase des Markteintritts. Vielfach sind Firmeninformationen in Mexiko nicht frei verfügbar, es muss recherchiert und nachgehakt werden. Das macht unser erfahrenes Team ebenso wie die Orientierung bei der Standortwahl.
WiM: Gibt es aus der deutschen Perspektive Besonderheiten zu beachten im Hinblick auf die mexikanische Geschäftskultur?
Hauser: Zunächst einmal ist es wichtig, beim Kontakt mit mexikanischen Partnern unser Zeitverständnis zu flexibilisieren. Das klingt einfach, ist es aber in der Praxis nicht immer. Schließlich ist für uns Pünktlichkeit eine Form der Höflichkeit und des Respekts, weil in unserer Kultur die Zeit als ein knapp bemessenes Gut gilt, mit dem man sorgsam umgehen muss. Für Mexikaner dagegen ist Zeit ein Gut im Überfluss, Pünktlichkeit ist nicht immer so wichtig. Auch wenn es uns schwerfallen mag: Nicht gleich übellaunig werden, wenn der Geschäftspartner zu spät zum Meeting erscheint.
Die Fragen stellte Christian Hirsch
Die AHK Mexiko
Die AHK Mexiko wurde 1929 gegründet. In Mexiko ist die Kammer unter der Abkürzung ihres spanischen Namens bekannt: CAMEXA. Aktuell beschäftigt sie 41 Mitarbeiter und hat 725 Mitglieder. Neben Büros in Mexiko-Stadt und in Querétaro für die zentrale Bajío-Region hat sie Repräsentanten in den wichtigen Wirtschaftsregionen Guadalajara, Monterrey, Puebla und San Luis Potosí.