Grenzüberschreitender Handel und Dienstleistungsverkehr

Die Globalisierung bringt einen weltweiten Handelsverkehr mit sich. Dem Waren– und Dienstleistungsverkehr mit ausländischen Unternehmen oder Privatpersonen aus EU-Ländern und Drittstaaten kommt daher eine wachsende Bedeutung zu.

Warenhandel innerhalb der EU B2B

Firmen, die Geschäftsbeziehungen zu Unternehmen in anderen EU-Staaten unterhalten, sind mit Begriffen wie der Gelangensbestätigung und verschiedenen Nachweispflichten konfrontiert.

Grundsätzlich sind Lieferungen an Unternehmen innerhalb der EU von der Umsatzsteuer befreit. Damit Unternehmen diese Steuerbefreiung nutzen können, müssen sie verschiedene Voraussetzungen kumulativ erfüllen:

  • die Ware muss in einen anderen Mitgliedstaat der EU gelangen,
  • der Empfänger der Ware ist Unternehmer,
  • der Kunde erwirbt die Ware für sein Unternehmen,
  • für die Lieferung erfolgt die Umsatzbesteuerung in einem anderen EU-Mitgliedstaat.

Auch muss der leistende Unternehmer u. a. noch folgende Aspekte beachten:

  • Hinweis auf die Steuerbefreiung der Lieferung in der Rechnung,
  • Angabe der eigenen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer in der Rechnung,
  • Nennung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers in der Rechnung,
  • die Umsatzsteuer-Identifikationsnummern von Käufer und Verkäufer müssen in unterschiedlichen Mitgliedstaaten erteilt worden sein,
  • Überprüfung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers beim BZSt.

Die Voraussetzungen müssen vom Unternehmer buch- und belegmäßig nachgewiesen werden. Transportieren Empfänger oder Lieferant die Ware z. B. selbst, muss der Unternehmer eine Gelangensbestätigung als Nachweis der Steuerbefreiung vorlegen. Beim innergemeinschaftlichen Warenverkehr ‎sind darüber hinaus weitere Erklärungs- und Meldepflichten zu beachten. Für die Nachweise und dazu erforderlichen Dokumente gelten zudem besondere Aufbewahrungsfristen.

Empfangen inländische Unternehmen Waren aus einem EU-Mitgliedsstaat, sind sie grundsätzlich unter bestimmten Voraussetzungen im Rahmen des innergemeinschaftlichen Erwerbs steuerpflichtig. Er bildet quasi das Spiegelbild zur steuerfreien innergemeinschaftlichen Warenlieferung.

Demnach liegt ein innergemeinschaftlicher Erwerb vor, wenn ein Gegenstand bei einer Lieferung an den Abnehmer (Erwerber) von einem EU-Mitgliedstaat in einen anderen EU-Mitgliedstaat gelangt. Es muss sich also immer um die Lieferung eines beweglichen körperlichen Gegenstandes gegen Entgelt handeln, bei der beim Abnehmer der Erwerb in einem anderen Mitgliedstaat steuerpflichtig ist.

Weiterführende Informationen zum Thema B2B-Warenverkehr in der EU finden Sie auf der Homepage der IHK für München und Oberbayern hier.

 

Warenhandel B2C bzw. Kleinunternehmen im EU-Binnenmarkt (E-Commerce)

Anders als bei umsatzsteuerfreien Lieferungen an Unternehmer innerhalb der EU kann es bei privaten Kunden im EU-Ausland notwendig sein, die Umsatzsteuer des Bestimmungslandes anzuwenden und dort auch abzuführen. Während ein unternehmerischer Leistungsempfänger die Besteuerung in seinem Mitgliedstaat durchführen muss, gilt dies aber nicht für Privatpersonen oder privaten Kunden gleichgestellte sogenannte Halbunternehmer. Dabei handelt es sich um

  • Unternehmer, die die Kleinunternehmerregelung anwenden,
  • Unternehmer, die nur steuerfreie Umsätze ausführen, die grundsätzlich nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen,
  • Land- und Forstwirte mit pauschalierter Umsatzsteuer oder
  • nichtunternehmerische juristische Personen.

Hierbei ist allerdings zu beachten, dass diese Halbunternehmer im Binnenmarkt Privatpersonen lediglich so lange gleichgestellt sind, wie

  • sie nicht zur Erwerbsteuerpflicht "optiert" haben bzw.
  • der Wert der Waren, die sie aus den übrigen EU-Mitgliedstaaten jährlich beziehen, einen bestimmten Betrag nicht überschreitet. Hierbei sind die Warenlieferungen aus den verschiedenen Mitgliedstaaten zusammenzurechnen. Die Höhe dieser so genannten Erwerbsschwelle richtet sich jeweils nach den Bestimmungen des Mitgliedstaates, in dem der Empfänger ansässig ist.

Überschreitet einer der vorgenannten Halbunternehmer die maßgebliche Erwerbsschwelle, gelten hierfür grundsätzlich dieselben Regelungen wie für Lieferungen zwischen voll vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmern

Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist in diesen Fällen das Vorliegen einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Verwendet der Käufer eine Identifikationsnummer, gilt er grundsätzlich als Unternehmen. Liegt keine Identifikationsnummer vor, ist von einem Handel mit einer Privatperson auszugehen.

Weiterführende Informationen zum Thema B2C-Warenhandel in der EU finden Sie auf der Homepage der IHK für München und Oberbayern hier.

 

Warenhandel mit Drittstaaten

Drittstaaten sind die Länder, die nicht der EU angehören. Bei einem Export von Waren aus Deutschland in einen Drittstaat ist der inländische Lieferant grundsätzlich von der Abführung der Umsatzsteuer befreit. Der Export erfolgt grundsätzlich durch das elektronische Ausfuhrverfahren über das IT-System ATLAS-Ausfuhr. Jede Ausfuhr mit einem Wert über 1.000 Euro ist auf diesem Weg abzuwickeln. Dazu sind verschiedene Ausfuhrbelege als Nachweis für die Steuerfreiheit erforderlich.

Führen inländische Firmen Waren aus einem Drittstaat ein, fällt grundsätzlich Einfuhrumsatzsteuer‎ an. Der Steuersatz der Einfuhrumsatzsteuer entspricht dem der inländischen Umsatzsteuer. Zuständige Behörde für die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer ist der Zoll. Die Einfuhrumsatzsteuer gilt ebenfalls als anrechenbare Vorsteuer. Bestimmte Waren können zudem steuerfrei eingeführt werden. Bei der Einfuhr aus Drittstaaten sind zahlreiche weitere Verpflichtungen des Empfängers zu beachten.

Weiterführende Informationen zum Thema Warenhandel mit Drittstaaten finden Sie Sie auf der Homepage der IHK für München und Oberbayern hier.

 

Spezialthema: Online-Marktplätze

Zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Warenhandel auf elektronischen Marktplätzen hat der Gesetzgeber ab 2019 neue Regelungen geschaffen. Betreiber von elektronischen Marktplätzen sollen bestimmte Daten ihrer Nutzer, für deren Umsätze in Deutschland eine Steuerpflicht in Betracht kommt, aufzeichnen sowie für entstandene, nicht abgeführte Umsatzsteuer aus den auf ihrem elektronischen Marktplatz ausgeführten Umsätzen in Haftung genommen werden können.

Weiterführende Informationen zum Thema Online-Marktplätze finden Sie auf der Homepage der IHK München hier.

 

Grenzüberschreitender Dienstleistungsverkehr

Für Unternehmen, die grenzübergreifend Dienstleistungen‎ für andere Unternehmen oder Privatpersonen erbringen, gelten andere umsatzsteuerliche Vorgaben als bei Warenlieferungen.

Die Entstehung der Umsatzsteuerpflicht ist abhängig von den Fragen

  • in welchem Land die umsatzsteuerliche Erfassung der Dienstleistung erfolgt (Leistungsort),
  • wie sich die Rechnungsstellung gestaltet und
  • wer die Steuer tatsächlich bezahlt.

Eine Fülle verschiedener Regelungen hängt von der Art der erbrachten Dienstleistung ab und an wen geleistet wird – Unternehmen oder Privatperson.

Grundsätzlich gilt für die Erbringung von Dienstleistungen für Firmen und Betriebsstätten in einem anderen Staat die Grundregel der Versteuerung an dem Ort, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Anders verhält es sich insbesondere in folgenden Ausnahmen:

  • Grundstücksdienstleistungen
  • Verpflegungs- und Restaurantdienstleistungen,
  • Kurzfristige Vermietung von Beförderungsmitteln,
  • Personenbeförderungen
  • Eintrittsberechtigungen zu Veranstaltungen, Messen und Ausstellungen,
  • Dienstleistungen in Drittländer.

Wichtig im Rahmen der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von grenzüberschreitenden Dienstleistungen ist der Nachweis über die Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers. Dieser Nachweis ist innerhalb der EU mit einer qualifizierten Auskunft aus dem Verzeichnis der internationalen Umsatzsteuer-Identifikationsnummern möglich. Erfolgen die Dienstleistungen in einem Drittland, dient als Nachweis z. B. eine Unternehmerbescheinigung des Kunden.

Bestimmte grenzüberschreitende Dienstleistungen unterliegen zudem der Pflicht zur Abgabe einer zusammenfassenden Meldung, die jeweils quartalsweise abzugeben ist.

Der Leistungsort bei Leistungen an Privatpersonen in der EU befindet sich grundsätzlich am Sitz des leistenden Unternehmers. Allerdings gibt es hiervon zahlreiche Ausnahmen, z. B. bei bestimmten elektronischen Leistungen, bestimmten kulturellen, sportlichen Leistungen, Vermittlungsleistungen etc.

Weiterführende Informationen zum Thema Dienstleistungen finden Sie im Dienstleistungskompass Bayern und auf der Homepage der IHK für München und Oberbayern hier.