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Von Kuna zu Euro: Kroatien ist nun Teil der Eurozone

Seit 01. Januar 2023 ist Kroatien Mitglied der Eurozone und des Schengenraums. Stefanie Ziska ist Geschäftsführerin der Deutsch-Kroatischen Industrie- und Handelskammer und spricht im Interview darüber, was das für die deutsch-kroatischen Wirtschaftsbeziehungen bedeutet.

Seit 01. Januar 2023 ist Kroatien Mitglied der Eurozone und des Schengenraums. Was bedeutet das für die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Kroatien und Deutschland?

Der Beitritt Kroatiens zur Eurozone und zum Schengen-Raum ist eine starke und positive Entwicklung für die kroatische Wirtschaft und die Geschäftswelt.

Kroatien ist das erste Land in der EU, das am selben Tag den Euro einführt und dem Schengen-Raum beitritt, was einen großen Erfolg im EU-Integrationsprozess darstellt und den Unternehmen viele Vorteile bringt.

Im Allgemeinen unterhalten Kroatien und Deutschland enge Beziehungen in Bezug auf die politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Im Hinblick auf die wirtschaftlichen Beziehungen ist es wichtig zu erwähnen, dass der größte Anteil der Waren im Jahr 2021 aus Deutschland importiert wurde, der etwa 15 % der gesamten kroatischen Importe ausmachte und im Vergleich zu 2020 um 20 % anstieg.  Deutschland ist auch der viertgrößte ausländische Direktinvestor in Kroatien. Die gesamten ausländischen Direktinvestitionen (ADI) aus Deutschland in Kroatien beliefen sich 2021 auf 390 Millionen Euro.

Generell wird die Umstellung auf den Euro für wirtschaftliche Stabilität sorgen. Die Geschäftstätigkeit im Binnenmarkt bedeutet, dass Finanztransaktionen einfacher und die Preisbildung transparenter sind. Durch den Wegfall der Grenzkontrollen ist es nun viel einfacher, schneller und billiger, Waren und Dienstleistungen innerhalb der EU zu bewegen.

Wir als AHK gehen von einer positiven Entwicklung für die kroatische Wirtschaft aus.

Welche Erleichterungen bringen die Änderungen mit sich?

Kroatien wird vom Beitritt zur Eurozone sehr profitieren, denn der Euro wird die wirtschaftliche Entwicklung fördern. Ich glaube, dass der Euro eine sehr solide und positive Auswirkung auf die Wirtschaft haben wird. Die Teilnahme am gemeinsamen Währungsmarkt verringert die Transaktionskosten, eliminiert das Wechselkursrisiko und senkt die Zinssätze. Außerdem werden mehr ausländische Direktinvestitionen gefördert, die Arbeitsplätze und ein höheres Bruttosozialprodukt pro Kopf schaffen.

Unternehmen, die geschäftlich tätig sind, müssen jetzt keine Währungsumrechnung in Euro vornehmen.

Was die Zahlen betrifft, so ist die EU der wichtigste Markt für Kroatien. Der Außenhandel mit Waren aus den EU-Mitgliedstaaten machte im Jahr 2021 68 % der gesamten kroatischen Ausfuhren aus. Das bedeutet, dass Kroatien konkrete Vorteile haben wird, weil die Geschäftstätigkeit einfacher und transparenter wird, wenn die Unternehmen mit einer einheitlichen Währung arbeiten.

Kroatien könnte eine wichtige Rolle bei der zukünftigen Energieversorgung spielen: Wie könnte Kroatien die deutsche Energieversorgung sicherstellen?

Zum einen ist der Ausbau des im November 2021 in Betrieb genommenen Flüssiggasterminal auf Krk geplant. Seine jetzige Kapazität belegt 2,9 Mrd. Kubik Meter pro Jahr. Allerdings hängt der Kapazitätsausbau des Terminals von einer leistungsfähigen Gaspipeline ab, um die Versorgung von Nachbarmärkten zu gewährleisten. Langfristiges Ziel ist es, Pipelines auszubauen, damit Gas von Kroatien über Sloweninnen und Österreich und schließlich nach Deutschland zu liefern. Deshalb sind bereits 155 Mio. Euro in den Ausbau des Gasleistungsnetzes investiert. Dabei sollen europäische Gelder, unter anderem aus dem RePowerEU-Programm verstärkt zum Einsatz kommen.

Das Rückgrat der möglichen Versorgung Deutschlands basiert auf der Erweiterung der Kapazität der bestehenden Gasleitung in Richtung Slowenien. Dabei haben schon die Gaspipelines Betreiber Sloweniens, Kroatiens und Österreichs eine Absichtserklärung unterzeichnet, die der notwendige Umbau der Pipelineinfrastruktur für die Abfertigung von grünem Wasserstoff vorsieht. Gerade in Kroatien gibt es großes Potenzial für die Erzeugung von H2 aus erneuerbaren Energie-Quellen.

Unter den wichtigsten Handelspartnern Bayerns belegt Kroatien aktuell Platz 40: Ist in Zukunft mit einer engeren Partnerschaft zu rechnen?

Kroatien und Bayern pflegen enge politische, wirtschaftliche und kulturelle Kontakte. Bayern ist ein gefragter Investitionsstandort, Handelspartner und Anbieter von Produkten und Dienstleistungen und hat schon früher das Potential Kroatiens als attraktiven Investitionsstandort erkannt.

Obwohl Kroatien bei Bayern am 40. Platz steht, ist gerade Bayern das Bundesland, dass die engste Zusammenarbeit mit Kroatien hat. Der Großteil der deutschen Produktausfuhr und deutscher Touristen in Kroatien stammt aus Bayern. Außerdem wohnen die meisten Kroaten, die in Deutschland leben, in Bayern.

2006 wurde in der AHK die Repräsentanz des Freistaats Bayern in Kroatien gegründet und wir organisieren jedes Jahr verschiedene Projekte, die zur Förderung bayerischer Technologien und Wissensvermittlung dienen.

Das von der AHK organisierte Wirtschaftsforum, welches 2019 in München stattfand und an dem die damaligen kroatischen und bayerischen Wirtschaftsminister sowie zahlreiche Geschäftsleute aus beiden Ländern teilnahmen, war die letzte Großveranstaltung vor der Corona-Pandemie.

Die bilateralen Handelsbeziehungen wurden in den letzten Jahren immer intensiver. Nach dem Eintritt Kroatiens in die Eurozone und Schengen, hoffen wir auf noch bessere Zahlen, neue Projekte und eine intensivere Zusammenarbeit.

Welche Branchen und Sektoren könnten die deutsch-kroatische Partnerschaft dominieren?

Kroatische Unternehmen, die etwa in der Kfz-Zuliefer-, metallverarbeitenden, elektrotechnischen, chemischen und IKT-Industrie tätig sind, könnten vor allem bei der Kleinserienfertigung und maßgeschneiderten Lösungen als potentielle Lieferanten der deutschen Unternehmen in Frage kommen. Insgesamt braucht Kroatien neue Investitionen im Bereich der erneuerbaren Energie und vor allem Investitionen in die Produktion. Wenn in Kroatien mehr produziert wird, dann wird es auch mehr Exporte geben, was wiederum neue Arbeitsplätze schafft.

Die Deutsch-Kroatische Industrie- und Handelskammer hat Zugang zu großen Netzwerken in einer Vielzahl von Branchen, und deutsche Unternehmen engagieren sich heute mehr und mehr für Investitionen auf dem kroatischen Markt.

Welche Prognosen würden Sie für die kroatische Wirtschaft 2023 wagen?

Die COVID 19-Pandemie sowie die Invasion Russlands in der Ukraine haben natürlich negative Auswirkungen auf die kroatische Wirtschaft. Aber auch wenn Kroatien 2020 fast Schlusslicht in Europa war, mit einer Wirtschaftsleistung, die real um 8,1% abnahm, hat es sich 2021/2022 von diesen Zahlen wieder erholt. Und auch der Krieg Russlands hat Kroatien nicht in dem Ausmaß, wie es zB andere europäische Länder betroffen hat, getroffen.

Unter dem Einfluss hoher Energie- und Rohstoff Preise, einer Stagnation in den globalen Lieferketten und einer verstärkten Nachfrage im Dienstleistungssektor könnte die Inflation bis 2023 auf 7,5 Prozent sinken, so der jüngst Bericht der Kroatischen Nationalbank (HNB), der im vergangenen Jahr veröffentlich wurde. Die hohe Inflation im Jahr 2022 schränkt die Kaufkraft der Verbraucher ein, und dieser Trend wird sich höchstwahrscheinlich auch im Jahr 2023 fortsetzen.

Die gute Nachricht ist jedoch, dass das kroatische BIP-Wachstum laut der Prognose der Europäischen Kommission auch 2023 über dem EU-Durchschnitt (0,3 und 1,6 Prozent) liegen wird.