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Fokus auf... Israel: Silicon Wadi

Das von Deutschland vier Flugstunden entfernte Israel darf mit nur 8,6 Mio. Einwohnern als eine relativ kleine Volkswirtschaft angesehen werden. Im Jahr 2020 soll das Land 9,2 Millionen Einwohner zählen. Damit würde es dann so bevölkerungsstark wie Schweden oder Österreich sein.

Der jüdische Staat ist nur 20.770 qm groß und damit mit der Fläche Hessens vergleichbar. Damit ist Deutschland gut 17 mal größer als Israel und hat knapp zehnmal so viele Einwohner. Dem relativ kleinen israelischen Binnenmarkt und dem schwierigen Zugang zu den Märkten in der umliegenden Region geschuldet, war Israel schon immer gezwungen sich bei seinen Exportortbemühungen nach Übersee auszurichten. Israel ist ein wasser- und rohstoffarmes Land, ist aber aus den unterschiedlichen geschäftlichen Aspekten interessant und weist als Wirtschaftsstandort eine Vielzahl an Stärken und Chancen auf.

Israel -  High-Tech-Hotspot am Mittelmeer und Paradies der Gründer

Das kleine Land am Mittelmeer ist eine dynamische und innovative Wirtschaftsregion. In den Bereichen Forschung und Entwicklung hat es sich zukunftsweisend ausgerichtet. Heute gehört das Land im globalen Vergleich zu den 30 führenden Industrienationen. Motor der Wirtschaft war bereits seit Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts die High-Tech-Industrie. Der Stand der Technik spiegelt sich auch in den Übernahmen israelischer Firmen durch große internationale Konzerne wider. Immer länger wird zudem die Liste multinationaler Konzerne, darunter beispielsweis Google, IBM oder Intel, die in Israel vertreten sind. Laut einer Roland Berger-Umfrage hat Israel bei Hightech-Produkten einen Exportanteil von 40 Prozent.

Talentschmiede Militär ist ein Grundstock für eine exzellente Dynamik m Silicon Wadi

Der Begriff „Wadi“ stammt aus dem Arabischen. Das Wort wird aber auch im umgangssprachlichen Hebräisch verwendet und bedeutet so viel wie Tal. Der Name ist also nicht nur auf den ersten Blick an das kalifornische „Silicon Valley“ angelehnt. Das Erfolgsrezept des Silicon Wadi ähnelt dem des US-amerikanischen Pendants. Auch hier kontrastiert beispielsweise der Umgang mit Fehlern zu unserer deutschen Mentalität. In Israel gilt: „besser ausprobieren als nichts unternehmen“. Ein Scheitern bedeutet nicht den Gesichtsverlust. Es scheint so, dass der einstige zionistische Pioniergeist noch immer im Alltag Israels zu spüren ist. Die Einwandererkultur Israels und die damit bedingten unterschiedlichsten Einflüsse bereiten einen perfekten Nährboden für globalisiertes, flexibles Denken. So konnte sich Israels Start-up‐Landschaft  diversifiziert und dynamisch entwickeln. Alleine in der  Gegend um Tel Aviv, dem Mekka der Start-ups, sollen geschätzte 5.000 - 7.000 Jungunternehmer tätig sein. Tel Aviv wird auch als „Non-Stop-City“ beschrieben. Hier finden rund um die Uhr junge Unternehmer ein kreatives Geschäftsumfeld und einen entsprechenden Austausch für Ihre Ideen vor. Die Stadt fördert den geschäftlichen Umtrieb beispielsweise in einer ehemaligen Bibliothek in Form eines Co-working Spaces. Die Start-up-Unternehmen sprießen wie Pilze aus dem Boden. Damit rangiert Israel weltweit an zweiter Stelle nach dem Silicon Valley.

Die Start-up-Landschaft wird zudem durch unterschiedliche staatliche Förderinstrumente wie das Technological Incubators Program befeuert. Die Inkubatoren müssen lediglich 15 Prozent des Budgets für ein Start-up selbst aufbringen. Die restlichen 85 Prozent übernimmt die Regierung in Form eines Darlehens. Das Risiko für das Start-up ist minimiert, da es nur im Erfolgsfall das Darlehen zurückbezahlen muss. Der israelische Staat investiert viel Geld in Forschung. Laut einer Meldung der

Süddeutschen Zeitung

vom November 2017 liegt Israel damit, gemessen am Bruttoinlandsprodukt mit vier Prozent, laut OECD, auf dem Spitzenplatz.

Ein Antrieb der Innovationskraft  Israels liegt sicherlich auch begründet in dem schwierigen Umfeld, in dem sich Israel befindet. Eine Reihe von muslimischen Ländern erkennt beispielsweise Israels Existenz nicht an. Seit dessen Staatsgründung war Israel immer wieder in Kriege zu Ländern der umliegenden Region verwickelt. Israel war gezwungen sich zu behaupten. Eine Armee aus jungen Experten auf dem Gebiet der Cyber-Sicherheit wuchs heran. Israels Militär formt seine Soldaten dazu, Entscheidungen der Vorgesetzten kritisch zu hinterfragen und es kommt nicht selten vor, dass ein Ex-Militär eine Karriere als Jungunternehmer einschlägt.

Gute Perspektive für bayerische Firmen

Israel, das Land in dem einst die Landwirtschaft eine bedeutende Stellung einnahm, wandelte sich maßgeblich. In den letzten Jahren stieg In Israel insbesondere die Bedeutung der IT- und Softwarebranche sowie der Internetanwendungen merklich an.

Für bayerische Firmen können sich über den Forschungs- und Entwicklungsbereich im Rahmen von Kooperationen interessante Geschäftsperspektiven mit Israel ergeben. Dabei bieten sich insbesondere die Bereiche Automotive, Pharmazie, Medizintechnik, Materialforschung oder Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) an. Gerade die Thematik Technologiezukauf wird beispielsweise im Rahmen von Industrie 4.0 an Bedeutung gewinnen. Die augenscheinliche Stärke und Dynamik des Landes liegt im Hochtechnologiebereich. Es überrascht somit nicht, dass das kleine Israel weltweit die höchste Akademikerdichte vorweisen kann – darunter viele exzellent ausgebildete Physiker, Mathematiker, Ingenieure und Computerspezialisten. Deutschland ist drittwichtigster Handelspartner nach den USA und China. In einigen  Bereichen ist Israel völlig importabhängig. Auch ein großer Teil der umwelttechnischen Anlagen und Ausrüstungen muss importiert werden. Einer der Schwerpunkte ist die Recyclingtechnik. Hier ergeben sich umfangreiche Exportmöglichkeiten für deutsche Anbieter.

Innovation wird in Israel groß geschrieben

David Ben-Gurion, der erste Premierminister Israels, bemerkte einmal: „Wer in Israel nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist. Das Handelsblatt beschrieb Israel erst Anfang Dezember 2017 mit „Das Wunder vom Silicon Wadi“ und erklärt dies damit, dass Israel es trotz unterschiedlicher widriger Umstände verstanden hatte zu einem der „digitalen Vorreiter“ weltweit aufzusteigen. Die Israelis sind technikbegeistert. Ein Markenzeichen Israels ist die Fähigkeit, innovative Ideen rasch in marktfähige Produkte zu entwickeln. Wer hätte das gedacht? Ein Beweis der innovativen Schaffenskraft ist, dass israelische Ingenieure bspw. den USB-Stickerfunden haben oder verantwortlich waren für die Entwicklung medizinischer Diagnosegeräte wie den Computertomografen. Zunehmend wichtiger geworden ist aber auch die umwelt- und klimabezogene Forschung. So sind zum Beispiel Bewässerungsanlagen, die auf Tröpfchenbewässerung basieren, ein Standbein des  israelischen Exportgeschehens. Auch der Bereich Solar ist in Israel interessant.

Schon die Anzahl der Forschungspreise, die nach Israel gehen, wirft ein bezeichnendes Licht auf die Forschungsleistungen, die in dem kleinen Land vollbracht werden.

Laut der Deutschen-Israelischen Industrie- und Handelskammer haben Unternehmen wie Daimler, Siemens, Deutsche Telekom, VW, SAP oder Henkel das Wirtschafts- und Technologiepotenzial Israels schon seit bereits Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts erkannt und sich zunutze gemacht. Laut einem Handelsblatt-Artikel vom November 2017 hält sich aber gerade der deutsche Mittelstand mit seinem Engagement in Israel zurück. Dabei wird der globale Wettbewerb immer härter, das Ringen um einen kleinen Technologievorsprung immer intensiver und die Produktzyklen dementsprechend kürzer. Um eigene Kräfte bei Forschung und Entwicklung effizienter einzusetzen, könnte so manches innovatives Unternehmen aus Israel ein perspektivenreicher Partner gerade für den Mittelstand Bayerns werden.

Text: Kurt Treumann, Bereichsleiter International der IHK Würzburg-Schweinfurt